Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom können außer mit Standardtherapien auch mit alternativen interventionellen Verfahren behandelt werden. Die deutsche S3-Leitlinie empfiehlt ihre Anwendung allerdings nur im Rahmen von Studien.

Prostatakrebs ist die häufigste Tumorerkrankung bei Männern in Deutschland und zugleich die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Sterbefälle [https://www.krebsdaten.de]. In der aktuellen S3-Leitlinie werden als geeignete Therapieoptionen bzw. -strategien für Patienten mit lokal begrenzter Erkrankung genannt [https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de]:

  • die radikale Prostatektomie

  • die perkutane Strahlentherapie

  • die Brachytherapie

  • ggf. Hormonentzugstherapie

  • die aktive Überwachung

  • das abwartende Beobachten.

Darüber hinaus gibt es weitere, experimentelle lokale Therapieverfahren wie z. B. den hochintensiven fokussierten Ultraschall (HifU) und die irreversible Elektroporation (IRE), die der Leitlinie zufolge jedoch nur im Rahmen von Studien eingesetzt werden sollen.

Beim Deutschen Krebskongress (DKK) 2020 sprach Martin Schostak, Magdeburg, über Erfahrungen seines Zentrums mit der HifU-Technik. "Die Methode hat sich seit 1993, als die ersten Versuche mit Prototypen vorgenommen wurden, erheblich weiterentwickelt. Das heute in den meisten Kliniken eingesetzte System ermöglicht innerhalb nur einer Sitzung eine Diagnostik mittels dreidimensionaler Bildfusion zwischen multiparametrischer Magnetresonanztomografie (MRT) und Ultraschall, eine Roboter-assistierte Therapieplanung und eine wenig invasive Behandlung mit HifU", informierte der Urologe.

HifU: effektiv, aber nicht herausragend

Die Methode ist technisch relativ einfach, und das Behandlungsergebnis aufgrund der Robotisierung nicht wesentlich vom Geschick des Operateurs abhängig. Komplikationen sind Schostak zufolge von der Lage des Tumors abhängig. Besonders niedrig sei die Komplikationsrate bei dorsal und basal liegenden Tumoren, hoch dagegen bei Tumoren in anteriorer Lage [Schmid FA et al. Urol Oncol. 2019;https://doi.org/10.1016/j.urolonc.2019.09.001].

Die onkologische Effektivität der heute sehr weit verbreiteten und etablierten Therapiemethode sei gut, wenn auch nicht herausragend, die Sicherheit gut und die Nebenwirkungsrate gering. "Für die HifU geeignet sind im klinischen Alltag aber nur etwa 10 % der Patienten, 90 % haben Tumoren, die einer fokalen Therapie gegenüber nicht zugänglich sind", konstatierte Schostak.

IRE: gewebeschonend und selektiv

Als Methode mit Potenzial bezeichnete Philipp Wiggermann, Braunschweig, die IRE. "Sie erlaubt es, Gewebe ohne Hitzeeinwirkung zu zerstören. Damit ist die IRE relativ selektiv und schont die umliegenden Strukturen", so der Radiologe. Da die Methode erst seit etwa fünf Jahren häufiger eingesetzt wird, sei die Datenlage noch schwach, die Evidenz stamme im Wesentlichen aus Phase-I- und -II-Studien: "Dokumentiert sind lediglich Daten von 283 Patienten, Langzeitergebnisse liegen noch nicht vor", so Wiggermann. Dennoch deuteten die bisherigen Beobachtungen darauf hin, dass die Behandlungsergebnisse mit der technisch allerdings anspruchsvollen Methode gut seien: "In einem Review werden eine hohe Kontinenzrate (91-100 %), ein guter Erhalt der erektilen Funktion (79-100 %) und eine niedrige Infield-Rezidivrate (0-33 %) genannt", berichtete Wiggermann [Blazevski A et al. BJU Int. 2020;125(3):369-78].

figure 1

RFBSIP / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Interventionelle Verfahren beim Prostatakarzinom werden in Studien getestet.

Viele offene Fragen zu klären

Da eine Reihe von Fragen zur IRE noch unbeantwortet sind, so z. B. nach der Patientenselektion, erforderlichen Sicherheitsabständen oder der benötigten Feldstärke, sollte die Technik nach Ansicht des Radiologen zurzeit nur im Rahmen von prospektiven Registerstudien oder randomisierten klinischen Studien eingesetzt werden.

Bericht vom Deutschen Krebskongress (DKK) vom 19. bis 22. Februar 2020 in Berlin