Dank der großen Fortschritte in der Krebsmedizin leben immer mehr Betroffene länger als 5 Jahre. Dies gilt erfreulicherweise für fast alle Tumorentitäten und Altersgruppen, sodass die Zahl der Langzeitüberlebenden, sogenannter "Cancer Survivors", stetig wächst. Langzeitüberlebende tragen jedoch individuelle Risiken für Folge- und Zweittumorerkrankungen. Diese sind abhängig von der Art, Dauer und Intensität der verwendeten Chemo-, Radio- und / oder Immuntherapie, dem Alter zum Zeitpunkt der Behandlung sowie von weiteren individuellen Risikofaktoren. Häufig treten Folgeerkrankungen mit großer Latenz auf, teils erst 15-20 Jahre nach der Therapie.

Die onkologische Nachsorge in der Klinik endet im Regelfall nach fünf Jahren Krankheitsfreiheit und Betroffene wenden sich bei Beschwerden zunächst an Hausärzte und niedergelassene Fachärzte. Diese Konstellation erschwert es, Symptome und Beschwerden als Langzeitfolge der Krebserkrankung und -behandlung zu erkennen. Die Spätfolgen reichen von kardialen Langzeitschäden, hormonellen Störungen und Beeinträchtigung der Fertilität über Zweittumorerkrankungen bis hin zu Fatigue. Psychische Beeinträchtigungen, neurologische und neurokognitive Einschränkungen sowie muskulo-skelettale Probleme sind ebenso wichtige Aspekte, die es rechtzeitig zu identifizieren gilt. Besonders bei Kindern und jungen Erwachsenen gilt das Prinzip "Nachsorge ist Vorsorge", um eine spätere Teilhabe am Arbeits- und Sozialleben zu gewährleisten.

Aufgrund der komplexen Zusammenhänge bedarf es daher zwingend der engen Kooperation zwischen niedergelassenen Behandlern, Onkologen, Pädiatern sowie den involvierten Fachdisziplinen.

Es fehlen konkrete Ansprechpartner

Da in der Krebstherapie und -nachsorge zunächst das Überleben im Vordergrund steht, fehlt es ehemaligen Patienten häufig an ausreichenden Informationen über mögliche Langzeitfolgen. Bei den Betroffenen führt dies nicht selten zur Verunsicherung. Auch die betreuenden Ärzte benötigen einen auf Fragen der Langzeitnachsorge spezialisierten, interdisziplinären Austausch. Daher bedarf es konkreter Ansprechpartner, an die sich sowohl "Cancer Survivors" als auch Ärzte wenden können. International gibt es schon seit Langem spezialisierte Zentren, die diese Aufgabe übernehmen. Auch in Deutschland wächst seit einigen Jahren die Zahl der Einrichtungen, die sich mit speziellen Sprechstunden dem "Leben nach dem Krebs" und der Transition - also dem Übergang von vormals erkrankten Kindern in die Erwachsenenmedizin - widmen.

Doch noch gibt es in Deutschland kein flächendeckendes Angebot der Langzeitnachsorge. Dies liegt auch an der ungeklärten Finanzierung. Die Notwendigkeit dieses wichtigen Angebots aber bleibt unstrittig angesichts der vielfältigen Herausforderungen, die eine umfassende und qualitätsorientierte Betreuung der Langzeitüberlebenden mit sich bringt.

Um die Struktur der Nachsorge optimieren zu können, bedarf es geeigneter Maßnahmen zur Früherkennung, Intervention und Prävention sowie zur Erfassung von Folgeschäden der Krebsbehandlung - hier besteht dringender Forschungsbedarf. Einen strukturierten Ansatz verfolgt hier etwa die multizentrische Task Force des LESS (Late Effects Surveillance System) der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). Nur das gemeinsame Vorgehen aller Beteiligten kann zu einer zufriedenstellenden Lösung führen, um die wesentlichen Ziele für die Betroffenen und unsere Gesellschaft zu erreichen: einen Gewinn an Lebenszeit und Lebensqualität bei möglichst uneingeschränkter Teilhabe am Arbeits- und Sozialleben.

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© KGU Frankfurt/Main

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© KGU Frankfurt/Main

"Die optimale Struktur der Langzeitnachsorge ist derzeit Gegenstand der klinischen Forschung und erfordert ein Überdenken der aktuellen Versorgungsstrukturen."

Dr. Teresa Halbsguth und Prof. Dr. Evelyn Ullrich Universitätsklinikum Frankfurt, Universitäres Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) Frankfurt/Main