Die Altersentwicklung in den reichen Ländern bringt es mit sich, dass der größte Teil der krebsbedingten Mortalität auf Personen entfällt, die 70 Jahre oder älter sind. Menschen dieses Alters sind aber auch häufig polymorbid; 40 % der über 65-Jährigen schlucken 5 Medikamente oder mehr. Kommt noch eine Krebstherapie hinzu, wird das Risiko für schwerwiegende Arzneiinteraktionen noch einmal deutlich gesteigert. Vor allem bei Patienten mit fortgeschrittenen Malignomen stellt sich die pharmakologische Sinnfrage, etwa wenn Präparate zur Prävention verordnet werden, deren Nutzen nicht mehr vor Ablauf der Restlebenszeit zu erwarten ist. So könnten etwa lipidsenkende Medikamente bei älteren Patienten mit begrenzter Lebenserwartung ohne Nachteile abgesetzt werden. Auch der Verzicht auf Antihypertensiva ist auf kurze Sicht vertretbar, sofern keine kardiovaskulären Erkrankungen vorliegen. Andere Langzeitmedikamente wiederum, zum Beispiel Bisphosphonate, wirken nach dem Absetzen noch lange nach und müssen schon von daher nicht bis zum Ende eingenommen werden.

In einer aktuellen Studie waren Medikationsdaten von mehr als 150.000 Patienten analysiert worden, die im Durchschnittsalter von 81 Jahren an Krebs verstorben waren. Im Mittel erhöhte sich die Zahl der verordneten Arzneimittel im letzten Lebensjahr von 6,9 auf 10,1. Präventive Medikamente wie Antihypertensiva, Plättchenaggregationshemmer, Antikoagulanzien, Statine und orale Antidiabetika wurden bis in die letzten Lebensmonate hinein verabreicht.

Für die Forscher zeigt die Studie drei Hauptergebnisse:

  1. 1.

    Ein substanzieller Anteil älterer Krebspatienten mit soliden Tumoren, erhält noch in ihrer letzten Lebensphase Medikamente zur Prävention.

  2. 2.

    Diese Medikamente verursachtenrund 20 % aller Medikationskosten.

  3. 3.

    Es gibt bedeutende Unterschiede je nach Krebstyp, die sich nur teilweise mit dem Alter und der chronischen Multimorbidität der Betroffenen erklären lassen.

Fazit: Ziel müsse es sein, die Last präventiver Mittel mit begrenztem Nutzen am Lebensende zu senken. Dazu schlagen die Forscher vor, im Gespräch zu klären, ob die verschriebenen Medikamente den Versorgungsbedürfnissen der Patienten noch entsprechen.