Muskelinvasive Urothelkarzinome — Chemo neoadjuvant oder adjuvant?

Bei muskelinvasivem Blasenkrebs wird bislang noch diskutiert, ob die neoadjuvante oder die adjuvante Chemotherapie günstiger ist. Auch Checkpointinhibitoren drängen inzwischen in die Neoadjuvanz.

Nicht muskelinvasive auf der einen und muskelinvasive, nodal-positive Urothelkarzinome auf der anderen Seite sind im Grund zwei Entitäten — der Unterschied in der Prognose ist extrem groß, erklärte Gunhild von Amsberg, Hamburg-Eppendorf.

In der aktuell konsentierten Fassung der in Vorbereitung befindlichen S3-Leitlinie wird für die neoadjuvante Chemotherapie (NAC) mit 3–4 Zyklen Cisplatin-haltiger Kombinationschemotherapie bei muskelinvasiven Karzinomen (≥ T2) eine B-Empfehlung mit moderater Evidenzgrundlage ausgesprochen. Dabei soll nach 2 Zyklen ein Restaging erfolgen, um einen Progress auszuschließen. Bei organüberschreitendem muskelinvasiven Harnblasenkarzinom (≥ pT3) und/oder pN+ werden dagegen 3–4 Zyklen einer adjuvante Cisplatin-basierten Kombinationschemotherapie nach Zystektomie empfohlen. Die Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) gibt gleichlautende Empfehlungen, weist aber noch ausdrücklich darauf hin, dass nicht Cisplatin-fähige Patienten keine NAC erhalten sollen. Nach einer Operation seien jedoch 30–50 % der Patienten nicht Cisplatin-fit, so von Amsberg. Dann sei eine NAC vor der Operation doch besser als eine Operation alleine.

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DGHO 2019

Die gemeinsame Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellscahften für Hämatologie und Medizinische Onkologie fand in diesem Jahr in Berlin statt. Hämatologen und Onkologen trafen sich, um aktuelle Standards zu diskutieren.

© Friederike Klein

Ob Immuntherapien eine Option in der Neoadjuvanz sind, wird derzeit geprüft. In der PURE-01-Studie lag die Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR) nach Therapie mit Pembrolizumab bei 43 %, in der Subgruppe der Patienten mit einer PD-L1-Expression > 20 % sogar bei 50 % [Necchhi A et al. J Clin Oncol 2018;36(suppl; Abstr 4507)]. Dahinter blieb die pCR-Rate unter Atezolizumab in der ABACUS-Studie mit 29 % zurück, bei PD-L1-positiven Tumoren lag sie aber auch bei 40 % [Powles T et al. J Clin Oncol 2018;36(suppl; Abstr 4506)]. Die pCR-Rate bei kombinierter neoadjuvanter Therapie mit Ipilimumab und Nivolumab betrug in der NABUCCO-Studie 46 % [van der Heijden MS et al. Ann Oncol 2019;30(suppl_5):v356-v402].

Bessere Ergebnisse der NAC können möglicherweise durch eine Patientenselektion nach Genclustern erzielt werden, hofft von Amsberg.

PSMA-Radioligandentherapie: Welche Patienten profitieren?

Wenn bei Patienten mit metastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) alle Standardtherapieoptionen ausgeschöpft sind, darf ein Versuch mit einer PSMA-Radioligandentherapie gestartet werden.

Hat ein mCRPC bereits viszerale Metastasen gebildet, dann sind die Chancen gering, dass ihnen eine PSMA(prostataspezifisches Membranantigen)-Radioligandentherapie weiterhilft. Dies hat sich in einer Subgruppenanalyse von Matthias Heck, München, herausgestellt [Heck MM et al. Eur Urol. 2019;75(6):920-6]. Zugelassen ist diese Therapie nicht. In der aktualisierten S3-Leitlinie wird sie allerdings als letzte Option für austherapierte Patienten mit mCRPC empfohlen.

100 mCRPC-Patienten hatten nun in Hecks Studie eine Radioligandentherapie erhalten. Bei 38 Patienten sank der Wert für des PSMA um ≥ 50 %, das mediane klinische progressionsfreie Überleben betrug 4,1 Monate und das mediane Gesamtüberleben 12,9 Monate. Jedoch: „Ein Drittel der Patienten hat von der Salvagetherapie profitiert, ein Drittel ist stabil geblieben und ein Drittel hat nicht profitiert“, fasste Heck zusammen. Wie hängt das zusammen? Heck vermutete, dass eine unterschiedliche Expression des PSMA in den verschiedenen Geweben dahintersteckt. Denn in einer aktuellen britischen Analyse habe sich gezeigt, dass PSMA sehr gut in Knochen und Lymphknoten exprimiert werde, dass die PSMA-Konzentration in viszeralen Organen aber relativ niedrig sei [Paschalis A et al. J Clin Oncol. 2019;37(15_suppl):Abstr 5002].