In einer kleinen Schweizer Studie hatte sich herausgestellt, dass die Rate immunologisch bedingter Nebenwirkungen bei Krebspatienten unter der Therapie mit Checkpointinhibitoren nach einer Grippeimpfung mit mehr als 50 % unerwartet hoch war. Auch deshalb prüften ein Team um Curtis R. Chong vom Memorial Sloan-Kettering Cancer Center, New York, NY/USA, wie sicher eine Impfung mit einer inaktivierten Influenzavakzine bei solchen Patienten ist. Der Fokus lag auf drei aufeinanderfolgenden Influenzasaisons und auf Krebspatienten, die innerhalb von zwei Monaten einer Checkpointhemmertherapie geimpft worden waren.

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Eine Grippeimpfung erhöht nicht die Nebenwirkungsrate bei Tumorpatienten unter Checkpointblockade.

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Insgesamt nahmen 370 Patienten an der Studie teil. Sie wurden in der Saison 2014/15, 2015/16 und 2016/17 geimpft, und zwar mit einem hoch- oder niedrigdosierten quadri- oder trivalenten Impfstoff. Alle Impfstoffe enthielten kein Adjuvans. Die Patienten waren wegen ihrer Krebserkrankung mit einem Checkpointhemmer behandelt worden: Ipilimumab, Pembrolizumab oder Nivolumab. Mit einem Anteil von 46 % war das nichtkleinzellige Lungenkarzinom am häufigsten, gefolgt vom Melanom mit einem Anteil von 19 %. Fast zwei Drittel der Studienteilnehmer wurden ausschließlich mit einem PD-1-Hemmer behandelt. Die Impfung erfolgte innerhalb von zwei Monaten (65 Tage) nach einer Checkpointhemmertherapie.

Median wurden die Patienten 4,5 Monate lang mit Immuncheckpointhemmern behandelt. Das Follow-up bis zum Ende der Studie bzw. Tod lag bei 1,4 Jahren.

Wie Chong und seine Kollegen berichten, wurden bei jedem fünften Studienteilnehmer unerwünschte immunologische Wirkungen jeglicher Ausprägung registriert. Nur etwa 8 % waren Toxizitäten vom Grad 3 oder 4, keine Toxizität von Grad 5 (etwa Enzephalitis oder Myokarditis). Unter den Nebenwirkungen dominierten unerwünschte endokrine Wirkungen (28 %), Pneumonitis (25 %), Kolitis oder erhöhte Transaminasen (13 % bzw. 12 %). Die Nebenwirkungen ließen sich vor allem durch eine Steroid- oder andere immunsuppressive Therapie (48 %) oder durch Therapieunterbrechung in den Griff bekommen. Die Nebenwirkungen waren unabhängig vom Geschlecht, der Tumorart, der Therapie und der Impfstoffdosis.

Unter den Studienteilnehmern, die erstmals mit einem PD-1-Checkpointhemmer behandelt worden waren, lag die Nebenwirkungsrate bei 18 % (Grad 3/4: 7,6 %), was niedriger ist als in bisher veröffentlichten Studien. Damit ist davon auszugehen, dass eine Impfung gegen Influenza die immunologisch bedingte Nebenwirkungsrate nicht erhöht. Schließlich wurde Influenza im Studienzeitraum nur bei zwei Patienten diagnostiziert, und zwar in der Saison 2016/17.

Fazit: Die Ärzte weisen darauf hin, dass die Aussagekraft ihrer Studie dadurch eingeschränkt ist, dass es sich zum einen um ein retrospektives Design handelte und darüber hinaus ein direkter Vergleich zwischen gegen Influenza geimpften und ungeimpften Teilnehmern nicht möglich war. Dennoch stützten die Studienergebnisse die aktuellen Empfehlungen der US-Behörde CDC (Center for Disease Control and Prevention) zur Grippeimpfung bei Krebspatienten, die mit Checkpointhemmern behandelt werden.