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„Wissenschaftler, die mit Patienten zusammen gearbeitet hatten, gingen nach eigenen Angaben offener an die Forschung heran.“

Dr. phil. Anna Levke Brütt Nachwuchsgruppe Rehaforschung, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Fakultät VI, Department für Versorgungsforschung

© uke/Fotostudio Krieger

Die Einschätzung von Patienten ist von immer größerem Interesse — sie sind schließlich Experten für ihre eigene Gesundheit und Behandlung. Deshalb steht in der Versorgungsforschung meist die aktive Beteiligung von Patienten zur Förderung von Patientenorientierung im Fokus. Erstens gehört dazu, dass Patienten gemeinsam mit Professionellen partizipative Entscheidungen im Hinblick auf ihre Gesundheit treffen. Zweitens sollten Patienten aktiv daran mitarbeiten, ihre gesundheitsbezogenen Ziele zu erreichen. Drittens ist die Meinung von Patienten gerade dort gefragt, wo es um die Planung und Bewertung von Versorgungsleistungen geht.

Patienten als Experten für die Forschung

Bisher weniger etabliert ist der Aspekt, dass Patienten auch Experten für die Forschung sein können. Verstärkt die Patientenperspektive aufzugreifen, um die Wirklichkeit der Versorgung zu erforschen, ist jedoch besonders wichtig. Somit stimmt auch in der patientenorientierten Forschung der Leitsatz: „Nothing about us without us.“ Denn nicht immer entspricht die Forschung den tatsächlichen Bedürfnissen von Patienten — also denjenigen, die von der Forschung unmittelbar betroffen sind und von ihr profitieren sollen. Nicht immer sind Studienabläufe auf Patienten zugeschnitten, Studienmaterialien verständlich, Fragebögen und Interviewleitfäden passend. Und nicht immer kommen die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien bei den Patienten an. Viele Patienten wollen aber bei der konkreten Ausgestaltung der sie betreffenden Forschungsvorhaben mitdiskutieren und mitentscheiden, welche Themen und Probleme erforscht werden sollen. Sie möchten in die Planung und Durchführung von Forschungsprojekten einbezogen sein und gemeinsam mit den Wissenschaftlern die Forschungsergebnisse diskutieren und umsetzen.

Patientenorientierte Versorgungsforschung

Narrative Studien weisen auf positive Effekte hinsichtlich der Patientenorientierung von Forschungsfragen, Studienmaterialien, Fragebögen und Interviewleitfäden hin. Patienten, die in Forschungsprojekten mitgearbeitet hatten, fühlten sich gehört und wertgeschätzt. Wissenschaftler, die mit Patienten zusammengearbeitet hatten, gingen nach eigenen Angaben offener an die Forschung heran. Sie berichteten von einem tieferen Verständnis ihres Forschungsgebiets und von neuen Einsichten.

Um Patientenbeteiligung in der Forschung auch in Deutschland weiter zu etablieren, sollte eine Infrastruktur geschaffen werden, die Unterstützungsangebote für Wissenschaftler vorhält, die Patienten mit Forschungsinteresse vernetzt und die die Dokumentation der Patientenbeteiligung in der Forschung weiter fördert. Damit werden die Prozesse und Effekte genauer beschrieben und Forschungsergebnisse können gemeinsam verbessert werden.