US-amerikanische Mediziner wollten wissen, ob sich schon vor der Diagnose eines Plattenepithelkarzinoms im Kopf-Hals-Bereich (HNSCC) Auffälligkeiten im oralen Mikrobiom detektieren lassen, die auf das künftige Krebsrisiko hinweisen. Sie haben den Zusammenhang erstmals prospektiv bei zunächst krebsfreien Teilnehmern der Studien CPS-II und PLCO untersucht.

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Viele Corynebakterien im Mund senken das HNSCC-Risiko.

Von 122.000 Studienteilnehmern waren in der knapp 4-jährigen Nachbeobachtungszeit 129 an einem HNSCC erkrankt. Als Kontrollen dienten 254 Teilnehmer ohne HNSCC, bei denen zur selben Zeit per Mundspülung Proben des oralen Mikrobioms genommen worden waren. Die HNSCC-Patienten waren häufiger aktive Raucher, tranken tendenziell mehr Alkohol und waren öfter orale HPV-16-Träger.

Die Analyse des oralen Mikrobioms — durch Sequenzierung der Gene für die bakterielle 16S-ribosomale RNA — ergab im Hinblick auf Diversität, Artenreichtum und Ausgeglichenheit keine Unterschiede zwischen späteren HNSCC-Patienten und Kontrollen. Prädiagnostische Differenzen zwischen Fällen und Kontrollen ließen sich jedoch beim Vergleich einzelner Taxa erkennen. Wenn die Gattungen Corynebacterium oder Kingella (Familie Neisseriaceae) in größerer Menge vertreten waren, war das Risiko für ein HNSCC um etwa 40 % vermindert. Auch für 3 einzelne Arten — Prevotella nanceiensis, Capnocytophaga leadbetteri und Selenomonas sputigena — wurde eine inverse Korrelation mit der HNSCC-Rate festgestellt. Dass Menschen, die mehr Bakterien der Gattungen Corynebacterium und/oder Kingella in der Mundhöhle beherbergen, seltener ein HNSCC entwickeln, betrachten die Wissenschaftler um Richard Hayes von der New York University School of Medicine als „biologisch plausibel“: Die beiden Kommensalen würden Fremdstoffe abbauen, insbesondere seien sie in der Lage, diverse toxische Bestandteile aus dem Tabakrauch zu verstoffwechseln. Dazu passt, dass die präventive Wirkung der beiden Bakteriengattungen bei aktiven und früheren Rauchern besonders ausgeprägt war.

Beide Gattungen werden übrigens eher als Vertreter eines „guten“ oralen Mikrobioms angesehen. Für Hayes und Kollegen ein Hinweis, dass ein gesundes Mikrobiom für die Mundgesundheit essenziell ist. Möglicherweise lasse sich das Ergebnis ihrer Studie sogar nutzen, um die HNSCC-Prävention zusätzlich zu unterstützen.

Fazit: In einer prospektiven Fall-Kontroll-Studie waren die Bakteriengattungen Corynebacterium und Kingella mit einem reduzierten HNSCC-Risiko verbunden. Kommensale Bakterien in der Mundhöhle können das HNSCC-Risiko beeinflussen und bieten möglicherweise einen weiteren Ansatz zur Prävention. Aus den gefundenen Assoziationen lässt sich allerdings keine Kausalität ableiten.