Da sich aus der krankhaften Ansammlung von Melanozyten in der Oberhaut bei der Lentigo maligna (LM) unbehandelt ein malignes Melanom (LMM) entwickeln kann, empfehlen Onkologen, bereits diese Vorstufe zu behandeln. Doch die Therapieleitlinien basieren lediglich auf Expertenmeinung. Mithilfe einer Umfrage haben Darryl Tio und Kollegen versucht, sich einen Überblick über die diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweisen europäischer Mediziner bei LM-Patienten zu verschaffen. Sie verschickten Fragebögen mit jeweils 29 Fragen an 2.208 Mitglieder der European Association of Dermatologists and Venereologists (EADV). Antworten aus 415 Anfragen gingen schließlich in die Analyse ein. 40 % der Studienteilnehmer waren an einer Universitätsklinik tätig, 31 % in einer Praxis. 58 % bedienen sich bei Diagnostik und Therapie der LM der nationalen Leitlinie, 42 % nutzen die europäische. Rund zwei Drittel berichteten von bis zu 10 neuen LM-Fällen pro Jahr. Insgesamt ergaben sich bei den diagnostischen und therapeutischen Verfahren keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen europäischen Ländern. Die meisten Mediziner nutzen eine Kombination aus klinischem Bild (66 %), Dermatoskopie (83 %) und Histopathologie (88 %), um eine LM zu diagnostizieren.

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Lentigo maligna am Handgelenk.

© Dr. Hans Schulz, Bergkamen

Histologisches Material wird auf verschiedene Weise gewonnen: 61 % Stanzbiopsie, 28 % Inzisionsbiopsie, 32 % Exzisionsbiopsie, 19 % „Skin Mapping“ mit Stanzbiopsie. Die Therapiewahl hängt für 90 % der Ärzte von der Lokalisation der Läsion ab. 87 % halten die Läsionsgröße für entscheidend, 81 % berücksichtigen das Patientenalter, und 66 % orientieren sich an der Durchführbarkeit der Methode. Nur 54 % beziehen die Präferenzen des Patienten mit in die Entscheidung ein.

Die mit Abstand am häufigsten verwendete Therapiemethode ist die Operation. Sie wird von 95 % der Ärzte bei unter 60-Jährigen durchgeführt, bei 87 % der LM-Patienten zwischen 60 und 70 und 67 % der über 70-Jährigen. Die chirurgische Entfernung erfolgt bei 58 % der Befragten mit einem Sicherheitsabstand von ≤ 5 mm, während 39 % mehr als 5 mm Rand belassen. Nur jeder Zehnte würde nach einer nicht radikalen Exzision topisches Imiquimod verschreiben.

50 % der Behandler gaben an, auch eine topische Therapie mit Imiquimod gehöre zu ihren Therapieoptionen, gefolgt von Radiotherapie (27 %) und Kryotherapie (25 %). Diese nicht chirurgischen Therapien kommen offenbar häufiger bei älteren Patienten zum Einsatz. In manchen Fällen entscheidet man sich auch für ein Watchful Waiting.

Die Befragung zeige, so Tio und Kollegen, wie unterschiedlich die LM innerhalb Europas diagnostiziert und behandelt werde. In der aktuellen europäischen Konsensusleitlinie wird die Inzisions- oder Exzisionsbiopsie empfohlen.Bei der chirurgischen Exzision wird zu einem Sicherheitsabstand von mindestens 5 mm geraten oder zu einem gestuften Verfahren wie der mikroskopisch kontrollierten Mohs-Chirurgie mit weitaus geringeren Rezidivraten als nach einer Standardexzision (4–6 vs. 30 %).

Fazit: Es gibt keinen standardisierten diagnostischen Algorithmus für eine Lentigo maligna unter Dermatologen in Europa. Meist wird chirurgisch behandelt, bei älteren Patienten häufiger auch nichtchirurgisch. Patientenpräferenzen sollten eruiert und vergleichende Therapiestudien durchgeführt werden.