Im Jahr 323 v. Chr. stirbt Alexander der Große im heutigen Irak. 2.309 Jahre später macht ein Wissenschaftler in Texas in einem Kalkstein eine erstaunliche Entdeckung. Und im Jahr 2000 wird in den USA das erste Onkologikum aus der Klasse der Antikörper-Wirkstoff-Konjugate zugelassen. Was verbindet diese drei Ereignisse? Micromonospora echinospora! Das Bakterium aus dem texanischen Kalkstein produziert einzigartige, hochpotente Zellgifte — sogenannte Calicheamicine. Konjungiert mit einen Antikörper werden sie etwa zur Therapie der akuten myeloischen Leukämie eingesetzt. Ihre enorme Giftigkeit und der Lebensraum des Bakteriums (Krustenkalk) brachten die Historikerin Adrienne Mayor und die Toxikologin Antoinette Hayes auf eine Idee:

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Es heißt, Alexander der Große sei mit einem Getränk vergiftet worden, das Wasser aus dem berüchtigten Fluss Styx enthielt — könnte dieses Wasser Calicheamicine enthalten haben? Obschon bisher nicht untersucht, käme der Krustenkalk entlang des Styx durchaus als Lebensraum des Bakteriums infrage. Und auch wenn noch weitere Hinweise zu ihrer Hypothese passen, bleibt sie Spekulation, wie Mayor und Hayes betonen. Unabhängig von Alexanders Tod liefern die beiden Wissenschaftlerinnen einen interessanten Erklärungsansatz, warum das Styx-Wasser in der Antike als tödlich galt — und in der Mythologie die Grenze zum Totenreich markierte.