Da hierzu bislang keine ausreichenden Daten vorliegen, wurden die Überlebensraten von 4.682 transplantierten AML-Patienten entsprechend ihrem Krankeitsstadium vor der Transplantation analysiert. Grundlage bildete ein großes Sammelregister zur Stammzelltransplantation (Center for International Blood and Marrow Transplant Research). Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS). 1.440 Patienten (30 %) befanden sich vor der Transplantation im Stadium des PIF, 1.256 (27 %) in Rel1 und 1.986 (36 %) in CR2. Die 3 Gruppen waren bis auf wenige Ausnahmen hinsichtlich der Patientencharakteristika, den Krankheitsformen und der Art der Transplantation ausgeglichen. Allerdings hatten Patienten im Stadium CR2 häufiger Performancescores (PS) von 90–100 %, gegenüber < 90 % bei PIF oder Rel1. Außerdem lag bei ihnen häufiger eine neu diagnostizierte AML und eine längere Dauer der CR1 vor. Ungünstige zytogenetische Eigenschaften fanden sich häufiger bei Patienten mit PIF.

Nach median 5 Jahren Follow-up lebten noch 42 % der Patienten in der CR2-Gruppe, 17 % in der Rel1- und 20 % in der PIF-Gruppe. Adjustierte man die Ergebnisse auf der Basis von PS, zytogenetischem Risiko und Spendertyp, betrug die 5-Jahres-Überlebensrate 39 % für Patienten mit Transplantation im Stadium CR2, 18 % bei Transplantation in Rel1 und 21 % in PIF (p < 0,0001).

Insgesamt wurden bei den in CR2 transplantierten Patienten 1.159 Todesfälle (58 %) registriert — im Vergleich zu 1.046 (83 %) bei Patienten in Rel1 und 1.145 (80 %) in der PIF-Gruppe. Rezidiv oder Persistenz der Leukämie waren die häufigsten Todesursachen, häufig starben die Patienten auch an Graft-versus-Host-Disease, Infektionen und Organversagen.

Das Therapieresultat war günstiger bei Patienten mit von vornherein besser behandelbarer Leukämie, mit günstigeren zytogenetischen Faktoren und einer längeren ersten Remission. Vorteilhaft waren auch ein Alter unter 50 Jahren und ein guter PS. Beachtet werden muss ein starker Selektions-Bias der Patienten, denn eingeschlossen in das Register wurden nur Patienten, die von einem erfahrenen Zentrum zur Transplantation aufgenommen worden waren.

Fazit: Obwohl Patienten, die in CR2 transplantiert wurden, ein besseres OS hatten, kann für ausgewählte Patienten auch eine HSCT in Rel1 oder PIF in Betracht gezogen werden.

Kommentar:

Die Analyse der Daten aus dem amerikanischen Transplantationsregister belegen das kurative Potenzial der alloSCT für Patienten mit aggressiver, rezidivierter oder Chemotherapie-refraktärer AML.

Die kritische Analyse setzt sich mit dem inhärenten Bias solcher Registerstudien auseinander und zeigt auf, dass das Ansprechen auf die konventionelle Therapie ein Indikator für die individuelle Biologie der AML ist. Die Krankheitsgruppe der AML ist aufgrund unterschiedlicher genomischer Aberrationen heterogen. Deshalb lässt die Einteilung in Risikogruppierungen allein nach Remissionsstand vor Transplantation nicht ohne weiteres Vergleiche zu.

Was gilt es also zu tun? Allogene Spender frühzeitig im Rahmen der Erstdiagnose einer AML (nicht M3) zu identifizieren, ist Versorgungsstandard. Dies erlaubt — wenn nicht bereits aufgrund des Risikoprofils der AML eine Transplantation in CR1 erfolgte — die zeitgerechte alloSCT im Rezidiv. Bei PIF kann bei entsprechender Fitness der Patienten ein 2. Versuch mit ggfs. intensivierter Dosierung von AraC (Cytarabin) erfolgen; ansonsten gilt es hier, bei Verfügbarkeit von Stammzellspendern rasch eine alloSCT durchzuführen.

Sollte im Rezidiv erneut mit dem Ziel einer CR2 induziert werden? Dies hängt letztlich von der Proliferationsdynamik der AML sowie der Wahrscheinlichkeit ab, eine CR zu erreichen — auf Basis der Molekularbiologie und patientenbezogener Faktoren: Kann/sollte der Zustand durch eine Reduktion der Tumorlast verbessert werden? Alternativ kann bei wenig proliferativer/klinisch stabiler Situation abgewartet werden bis zur Konditionierung oder könnte durch z. B. den Einsatz demethylierender Substanzen die Zeit bis zur Transplantation optimiert überbrückt werden.

„Ein Ausschluss von Patienten mit refraktärer AML von der alloSCT ist nicht gerechtfertigt.“

Entscheidend für den Erfolg nach alloSCT ist die Fitness der Patienten, insbesondere bei Menschen mit AML im reiferen Lebensalter. Der Versuch, eine CR mit konventioneller Chemotherapie zu erzwingen, scheitert hier häufiger, als dass er zielführend ist.

Zurück zu den Registerdaten: Wenn jeder 5. Patient mit refraktärer/rezidivierter AML langfristig überlebt, zeigt dies die hohe Wirksamkeit der alloSCT. Dieses Verfahren gilt es, frühzeitig in den Therapiealgorithmus zu integrieren. Das Risikoprofil einer AML vor Transplantation wird in der Betreuung nach Transplantation mit berücksichtig, u. a. durch Monitoring von MRD/Chimärismus, Spenderlymphozyteninfusionen oder Erhaltungstherapien.

Ein Ausschluss von Menschen mit refraktärer AML von der alloSCT ist jedenfalls nicht gerechtfertigt.

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Prof. Dr. med. Jürgen Finke

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