Das Wissen um die Bedeutung epigenetischer Modifikationen für die Tumorätiologie hat sich etabliert. Nach therapeutischen Interventionsmöglichkeiten zu suchen, erscheint als logische Folge. Erstaunlich: Nicht etwa diejenigen Strategien entpuppen sich als am aussichtsreichsten, bei denen es um direkte Eingriffe an kovalenten Modifikationen geht (Stichworte: Methylierung, Acetylierung). Vielversprechend scheint vielmehr der Eingriff in das „Ablesen“ solcher kovalenten Strukturen. Als „Chromatin-Reader“ fungieren Proteine mit dem Strukturmotiv namens BET. Das steht für Bromo- und Extra-Terminal. Das BET-Motiv steckt zum Beispiel in BRD2, BRD3, BRD4 und BRDT. Wie von Göttinger Gastroonkologen in „Der Onkologe“ dargelegt [Hessmann E et al. Onkologe. 2016;22(1):19-29], befinden sich bereits zahlreiche Hemmstoffe in klinischer Erprobung, die die „Reader“-Funktion der BET-Proteine unterbinden.

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Chromatin-Reader haben therapeutisches Potenzial

Chromatin-Reader, wie z. B. die Familie der Bromodomain-Proteine (BRD4 und BRD2 exemplarisch dargestellt) binden an acetylierte Histonreste und begünstigen Transkriptionsprozesse an Zielgenen onkogener Funktion. Im Kasten sind einige bereits klinisch erprobte BET-Inhibitoren aufgelistet, die das korrekte „Lesen“ von Acetylierungsmustern (Ac) auf den Histonen H3 durch BET-Proteine wie BRD verhindern.