Methylnaltrexon ist ein peripherer μ-Opioid-Rezeptor(MOR)-Antagonist, der für die Behandlung einer opioidinduzierten Obstipation (OIC) bei palliativmedizinisch versorgten sowie chronisch schmerzkranken Patienten zugelassen ist. Der Opioid-Antagonist kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden und interagiert deshalb auch nicht mit dem zentral analgesierenden Effekt der Opioide. Nun ergeben sich möglicherweise neue Indikationsgebiete für Methylnaltrexon. Denn MOR ist auch ein potenzielles Target in der Krebstherapie. In Tier- und Humanstudien war eine Blockade oder Mutation dieses Rezeptors mit einem gebremsten Tumorwachstum assoziiert.

Die ungeplante Post-hoc-Analyse von 2 placebokontrollierten Studien zur Durchbrechung einer OIC durch Methylnaltrexon bei schwerkranken Patienten unterstützt das Antitumorkonzept durch MOR-Hemmung. Einbezogen in die beiden Studien waren insgesamt 229 Krebspatienten in palliativer Situation. Patienten- und Tumorcharakteristika waren in der Verum- und der Placebogruppe vergleichbar. Im Vergleich zu Placebo war unter Methylnaltrexon das Gesamtüberleben, definiert als Zeitspanne zwischen Behandlungsbeginn und Tod, mit 76 (95 %-Konfidenzintervall [95%-KI] 43–109) gegenüber 56 (95 %-KI 43–69) Tagen länger (Hazard Ratio [HR] 0,63, 95 %-KI 0,42–0,95; p = 0,033).

Der Vergleich von Patienten mit und ohne Methylnaltrexon-Ansprechen erbrachte sogar eine hochsignifikant verlängerte Überlebenszeit zugunsten des MOR-Antagonisten (118 vs. 58 Tage; 95%-KI 46–190 vs. 2,7–113; HR 0,37, 95 %-KI 0,20–0,67; p = 0,001). In multivariablen Analysen erwiesen sich ein Ansprechen auf die Methlynaltrexon-Therapie und Albumin-Spiegel von über 3,5 g/dl als unabhängige prognostische Faktoren für ein verlängertes Gesamtüberleben.

Bei den übrigen 134 Studienteilnehmern mit anderen schwerwiegenden Erkrankungen im Endstadium hatte die Methylnaltrexon-Therapie dagegen keinen statistisch signifikanten Einfluss auf das Überleben. Damit kann eine alleinige Verbesserung der Verdauungstätigkeit als Erklärung für das bessere Abschneiden der onkologischen Patienten mit Methylnaltrexon-Therapie ausgeschlossen werden.

Fazit: In einer ungeplanten Post-hoc-Analyse von 2 Studien mit Tumorpatienten in palliativer Situation verlängerte der MOR-Antagonist Methylnaltrexon das Gesamtüberleben. Die Rolle von MOR in der Onkologie sollte nun weiter verfolgt werden, nicht zuletzt auch wegen des weit verbreiteten Einsatzes von μ-agonistisch wirksamen Opioiden bei schwerkranken Krebspatienten.