Viele neue Substanzen wie Erlotinib werden zur Anwendung in ihrer maximal tolerierten Dosis entwickelt. Das von zytotoxischen Chemotherapien abgeleitete Vorgehen ist aber nicht unbedingt auf zielgerichtete Substanzen übertragbar, denn diese können möglicherweise ihre maximale Wirksamkeit bereits bei niedrigeren Dosen erreichen. Für Erlotinib wurde nun untersucht, welche Wirksamkeit eine niedrigere als die maximal tolerierte Dosis von 150 mg/d hat. In der Datenbank des Dana-Farber Cancer Institutes in Boston, MA/USA, wurden 198 Patienten mit fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) identifiziert, die EGFR-Mutationen hatten und mit Erlotinib behandelt wurden. Der Therapieverlauf einschließlich der Erlotinib-Dosis zu Therapiebeginn, nach 4 Monaten und bei Krankheitsprogression wurden retrospektiv untersucht. Das progressionsfreie Überleben (PFS) von Patienten unter der maximal tolerierten Dosis (150 mg/d) und solchen unter reduzierten Dosen (≤ 100 mg/d) wurde verglichen.

16 % der Patienten begannen die Therapie mit einer reduzierten Erlotinib-Dosis von ≤ 100 mg/d, 84 % erhielten die maximal tolerierte Dosis von 150 mg/d. Patienten mit reduzierten Dosen waren im Durchschnitt älter (71 vs. 60 Jahre; p = 0,001) und hatten einen niedrigeren Perfomancestatus (p = 0,01) als Patienten, die zu Beginn 150 mg/d bekamen.

77 % der Patienten sprachen auf reduzierte Dosen an. Damit war die Gesamtansprechrate mit den bisher beobachteten Ansprechraten unter 150 mg/d Erlotinib vergleichbar. Das mediane PFS von Patienten mit reduzierten Erlotinib-Dosen bei Therapiebeginn betrug 9,6 Monate versus 11,4 Monate bei Patienten, die 150 mg/d erhielten. Der Unterschied war nicht signifikant (Hazard Ratio 0,81; p = 0,30). Bei Patienten mit reduzierten Erlotinib-Dosen bestand ein nicht signifikanter Trend zu höheren Progressionsraten im ZNS.

Fazit: Auch bei Dosen unterhalb der maximal tolerierten Dosis führte die Therapie mit Erlotinib zu einer hohen Ansprechrate und einem verlängerten medianen PFS. Eine Literaturübersicht zeigt, dass für 15 von 30 zugelassenen oder in der Entwicklung befindlichen niedermolekularen Inhibitoren („small molecule inhibitors“) Dosierungen unterhalb der maximal tolerierten Dosis empfohlen werden.