Etwa ein Drittel der Patienten mit myelodysplastischem Syndrom (MDS) entwickelt im Laufe der Zeit eine akute myeloische Leukämie (AML). Aufgrund des interindividuell unterschiedlichen Krankheitsverlaufs ist die Einordnung der Patienten mittels Prognosescores wichtig. Dies geschieht meist anhand der Daten zum Diagnosezeitpunkt — wobei eine stabile Prognostizierbarkeit über den Verlauf der Erkrankung vermutet wird. In einer multizentrischen Studie wurde dieser Ansatz infrage gestellt und die Risikoveränderung von Subpopulationen sowie damit verbundene klinische Implikationen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Diagnose untersucht. Basis für die Auswertung bildeten die Daten von 7.212 nicht behandelten MDS-Patienten der International Working Group for Prognosis in MDS. Die Forscher erfassten etablierte Score-Komponenten wie Hämoglobin, Neutrophilen- und Plättchenzahl sowie zytogenetische Merkmale und verfolgten das Risiko für Mortalität und leukämische Transformation mithilfe von Cox-Modellen zu verschiedenen Zeitpunkten nach Erstdiagnose.

Insgesamt zeigte sich eine Verringerung des Risikos für Mortalität bzw. eine myeloische Transformation im Verlauf nach der Diagnose für die Hochrisiko-Patienten. In der Niedrigrisiko-Gruppe blieb das Risiko dagegen stabil. Nach 3,5 Jahren glichen sich Krankheits- und Transformationsrisiko in den verschiedenen Risikopopulationen an und waren auch noch 5 Jahre nach Erstdiagnose vergleichbar. Dies führte zu einem Verlust der prognostischen Power, der v. a. beim Überleben deutlich wurde. Jedoch verbesserte der Einbezug des Parameters Alter die Prognosestärke schon bei Erstdiagnose. Um mit dem etablierten International Prognostic Scoring System (IPSS-R) weiterhin klinisch zuverlässig arbeiten zu können, schlagen die Forscher für die zeitabhängige Unterscheidung von Hoch- und Niedrigrisiko-Patienten einen Cut-Off-Wert von 3,5 Punkten vor.

Fazit: Vor allem bei jüngeren MDS-Patienten mit hohem Risiko bei Diagnosestellung kann sich das Risiko im Verlauf der Zeit wieder reduzieren. Bei Niedrigrisiko-Patienten und Älteren bleibt der Risikoscore dagegen auch langfristig relativ konstant.