Die Empfehlungen sind eigentlich eindeutig: Um die Entwicklung einer FN infolge einer myelosuppressiven Chemotherapie zu verhindern, sind Kolonie-stimulierende Faktoren wie Pegfilgrastim sehr effizient. Allerdings sollten sie erst einen Tag nach Ende der Chemotherapie gegeben werden, denn ihre starke Wirkung auf die Proliferation könnte sonst das Risiko für eine FN erhöhen, statt es zu senken. Gleichwohl erhalten immer wieder Patienten die Pegfilgrastim-Prophylaxe am letzten Tag der Chemotherapie — auch aus logistischen Gründen. Schließlich kann gerade für schwerkranke Patienten eine erneute Anreise in die Klinik belastend sein.

In einer umfassenden retrospektiven Analyse untersuchten amerikanische Kollegen, ob die Pegfilgrastim-Prophylaxe am Ende der Chemotherapie eine Option ist. In die Analyse flossen Daten von mehr als 45.000 erwachsenen Patienten ein, die an einem soliden Tumor oder einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) litten, eine Chemotherapie mit mittlerem oder hohem FN-Risiko und Pegfilgrastim in mindestens einem Chemotherapiezyklus bekommen hatten.

Zusammen wurden die 45.592 Patienten in 179.152 Zyklen mit Pegfilgrastim behandelt. In 12 % der Zyklen erhielten Patienten Pegfilgrastim an dem Tag, an dem sie auch die letzte Gabe einer Chemotherapie bekamen (Tag 1). In den übrigen Zyklen erhielten die Patienten die Pegfilgrastim-Prophylaxe an den Tagen 2–4 nach Ende der Chemotherapie. 37.095 der Prophylaxe-Behandlungen fanden im 1. Chemotherapie-Zyklus statt. Diese wurden gesondert ausgewertet.

Im Vergleich zur Prophylaxe an den Tagen 2–4 war die Gefahr einer FN höher, wenn Patienten Pegfilgrastim an Tag 1 erhielten: Das galt sowohl für den ersten Zyklus (Odds Ratio [OR] 1,6; p < 0,001) als auch für die Auswertung aller Zyklen zusammen (OR 1,5; p < 0,001).

Fazit: Das Risiko für eine FN ist signifikant erhöht, wenn Patienten mit soliden Tumoren oder einem NHL, die eine Chemotherapie mit mittlerem oder hohem myelosuppressivem Risiko erhalten, am letzten Tag dieser Therapie mit Pegfilgrastim behandelt werden. Günstiger ist die Gabe der Prophylaxe innerhalb von 3 Tagen nach Chemotherapieende. Ärzte sollten sich an die empfohlene Administration halten.