Rund jeder dritte Patient mit Mundhöhlenkarzinom im Stadium I/II hat radiologisch nicht nachweisbare zervikale Metastasen. Die Heilungschance sinkt dadurch um die Hälfte. Bei einem Metastasierungsrisiko von über 20 % schlägt man den Patienten meist eine elektive Neck-Dissection vor, d. h. fast 80 % unterziehen sich dieser Prozedur unnötigerweise. Die Entnahme von Wächterlymphknoten (SLN) wurde deshalb in der multizentrischen, prospektiven europäischen SENT-Studie getestet, deren 3-Jahres-Ergebnisse nun vorliegen. Bei den 415 Patienten hatte die radiologische Diagnostik einen Tumor im Stadium T1–2N0 ergeben. Nach Injektion eines Technetium-Nanokolloids ließ sich bei 99,5 % der Patienten ein SLN identifizieren. In 94 von 415 Fällen (23 %) war er positiv, die Betroffenen erhielten binnen 3 Wochen eine Neck-Dissection. 15 der übrigen 321 Patienten entwickelten bei negativer SLN-Pathologie und negativem Tumorbett zervikale Metastasen, d. h. die Falsch-Negativ-Quote betrug 14 % (15 von 109 Patienten mit okkulter zervikaler Metastasierung).

Für die SLN-Biopsie bei Mundhöhlenkarzinom ergaben sich eine Sensitivität von 86 % und ein negativer Vorhersagewert von 95 %. Die Rate für das Gesamtüberleben betrug 88 %, für das krankheitsfreie Überleben 92 % und für das krankheitsspezifische Überleben 94 % – jeweils nach 3 Jahren.

Den Hauptnutzen der SLN-Methode sehen die Forscher darin, dass 71 % der Patienten eine Neck-Dissection erspart blieb. Allerdings liege die Rate falsch-negativer Ergebnisse mit 14 % „an der Grenze des Akzeptablen“. Zwar ähnle die Rate jener, die von Melanompatienten bekannt sei, sie sei aber doppelt so hoch wie bei Patientinnen mit Mammakarzinom. „7 % sollten unser Ziel sein“.

Andererseits war nur bei 8 von 15 der fälschlich als nodal negativ eingestuften Patienten ein rettender Eingriff möglich, und mit der SLN-Methode konnten 7 positive Knoten kontralateral zur Tumorlage ausgemacht werden, die man bei der üblichen ipsilateralen Neck-Dissection nicht erkannt hätte.

Fazit: Die SLN-Biopsie ist auch bei Patienten ohne okkulte zervikale Lymphknotenmetastasen relativ zuverlässig. Noch lässt die Sensitivität zu wünschen übrig, aber sie könnte sich durch verbesserte Technik und mehr Erfahrung gesteigert werden.