_ Das MYC-Gen spielt bei vielen Tumoren eine Rolle. Eigentlich dient es zur Steuerung der Embryonalentwicklung, bzw. der bei vielen Tierearten zu beobachtenden Keimruhe (Diapause) der Blastozyste. Dies entdeckten Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) um Andreas Trumpp im Rahmen ihrer Arbeiten mit embryonalen Stammzellen der Maus. Trumpp und seine Kollegen beobachteten, dass Mausembryonen in einen reversiblen biochemischen Schlafzustand verfallen, wenn MYC abgeschaltet wird. Nach Reaktivierung von MYC vermochten sich die in Diapause befindlichen Embryonen zu gesunden Tieren weiterzuentwickeln [Scognamiglio R et al Cell. 2016;164(4):668-80].

Blockierten die Forscher bei embryonalen Stammzellen von Mäusen gezielt beide MYC-Gene, sowohl c-MYC als auch N-MYC, aus, drosselten die Zellen die Aktivität jener Gene, die für Zellteilung, Wachstum und Stoffwechsel wichtig sind. Die Zellen fielen in eine Art Schlafzustand, behielten aber ihre Stammzellidentität bei.

Genau dieser durch die MYC-Blockade hervorgerufene Schlafzustand der embryonalen Stammzellen erinnert die Wissenschaftler sehr an die Diapause der Blastozyste. Um die Diapause einzuleiten oder um embryonale Stammzellen in einen Schlafzustand zu versetzen reicht es aus, das MYC-Gen zu blockieren.

Mit diesem Wissen interpretieren Trumpp und seine Kollegen die Rolle des MYC-Gens in Tumoren neu: Das Krebsgen MYC könnte gerade bei schlafenden Metastasen-Stammzellen eine unheilvolle Wirkung haben. So können die Forscher sich vorstellen, dass in diesen schlafenden Metastasen-Stammzellen, die bei ihrer Wanderung über die Blutbahn in fremde Organe gelangen, unter dem Einfluss von Signalmolekülen die MYC-Produktion wieder angekurbelt wird und die Schläferzellen zu Tochtergeschwulsten heranwachsen.

Übertragen auf die Krebsforschung sieht Trumpp die Perspektive, gefährliche Schläferzellen durch MYC-Blockade gar nicht erst zum Zuge kommen zu lassen.

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Eine MYC-Blockade im frühen Embryonalstadium der Maus (im Labor sichtbar gemacht) versetzt Stammzellen in eine Art Schlafzustand.

© Andreas Trumpp, DKFZ/HI-STEM