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Chemotherapie bei Hodgkin-Lymphom: Risikofaktor für drei Krebsentitäten.

© Mathias Ernert, Praxis für Innere Medizin, Dr. Hieber, Mannheim

Das Wissen über Langzeitwirkungen der Chemotherapie beim HL ist begrenzt, da die meisten Patienten in großen Studien zusätzlich bestrahlt wurden. In Großbritannien erhalten sie häufiger ausschließlich Chemotherapie. Das Risiko ein Zweitmalignom zu entwickeln, ließ sich daher in einer Kohortenstudie bestimmen.

Ausgewertet wurden Daten von 5.798 HL-Patienten, die zwischen 1963 und 2001 eine Chemotherapie erhalten hatten; 3.432 waren zusätzlich bestrahlt worden. 57 % waren bei der Erstbehandlung zwischen 15 und 34 Jahre alt gewesen. Während des Follow-ups entwickelten 459 einen Zweittumor, davon 157 nach Chemo- und 302 nach Chemo- plus Radiotherapie. 1.924 Patienten starben, 320 konnten nicht weiter verfolgt werden.

Die Chemotherapie allein führte damit seltener zu Sekundärtumoren als die kombinierte Therapie (kumulatives 20-Jahres-Risiko 13 vs. 18 %). Für den Risikoanstieg unter der Chemotherapie (relatives Risiko [RR] 2,0; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 1,7–2,4) waren v. a. verantwortlich (zu etwa gleichen Teilen): Leukämien, Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) und Lungenkrebs. Sie traten nach kombinierter Therapie signifikant häufiger auf, ebenso aber auch zehn weitere Krebsarten. Das RR lag hier bei 3,9 (95%-KI 3,5–4,4).

Bei den Chemotherapie-Patienten bestand kein Zusammenhang zwischen Alter bei Behandlung und Krebsrisiko. Bei den kombiniert behandelten Patienten fiel das relative Risiko dagegen umso geringer aus, je älter sie anfangs waren.War das Chemotherapie-assoziierte Risiko nach 15 Jahren praktisch verschwunden, bestand nach kombinierter Therapie selbst nach 25 Jahren noch eine erhöhte Gefahr.

Fazit: Die Risikoerhöhung für Leukämien, NHL und Lungenkrebs war unter allen Chemotherapien zu beobachten — ausgenommen ABVD (Adriamycin/Bleomycin/Vinblastin/Dacarbazin).