Nach neuesten Angaben der Centers for Disease Control and Prevention, eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums, starben im Jahr 2022 in den Vereinigten Staaten jede Woche so viele Jugendliche an einer Überdosis Drogen, wie in einem Highschool-Klassenzimmer sitzen. Durchschnittlich sind das 22 Schülerinnen und Schüler.

Drogenüberdosierungen und -vergiftungen sind in den USA inzwischen die dritthäufigste Ursache für Todesfälle bei Kindern, direkt nach Verletzungen durch Schusswaffen und Autounfälle. Nachdem die Zahl der Todesfälle durch Überdosierung bei Jugendlichen im Alter von 14 bis 18 Jahren über gut zehn Jahre in etwa konstant geblieben war, hat sie sich zwischen August 2019 und März 2020 mehr als verdoppelt. Dieser Anstieg der Mortalität trat auf, obwohl der Drogenkonsum unter Jugendlichen statistisch gesunken ist. Ein Grund für das steigende Risiko ist die weite Verbreitung von modifizierten Pillen, die Fentanyl enthalten. Das Opioid ist inzwischen an mindestens 75 % der Todesfälle durch Überdosierung bei Jugendlichen beteiligt. In jüngster Zeit wird Fentanyl zunehmend in Pillen gepresst, die Oxycodon, Benzodiazepinen oder anderen verschreibungspflichtigen Tabletten ähneln, die von Jugendlichen bevorzugt für „Experimente“ verwendet werden. Die meisten Todesfälle durch Überdosierung bei Jugendlichen (84 %) werden als „unbeabsichtigte“ Todesfälle eingestuft. Ärztinnen und Ärzte für Pädiatrie und Allgemeinmedizin sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten, die Jugendliche behandeln, sollten ihre Patientinnen und Patienten routinemäßig fragen, ob sie Drogen nehmen. Außerdem sollten sie sie fragen, ob ihnen jemals auf der Straße oder über soziale Medien Pillen angeboten wurden. Ärztinnen und Ärzte können Jugendliche und Familienmitglieder über gefälschte Pillen, die Anzeichen und das richtige Eingreifen im Falle einer Überdosis aufklären. Gefälschte Pillen werden häufig auf Social-Media-Plattformen an Jugendliche vermarktet. Diese Plattformen sind andererseits oft Quellen für Gesundheitsinformationen für Jugendliche und damit Orte, an denen Aufklärung zur Vermeidung von Überdosierungen stattfinden kann.

Friedmann J, Hadland SE. Perspective: The overdose crisis among U.S. adolescents. N Engl J Med 2024;390:97-100

Kommentar

Die Überdosis-Krise in den USA betrifft immer mehr jüngere Amerikanerinnen und Amerikaner - auch wenn der Drogenkonsum unter Jugendlichen zahlenmäßig dort rückläufig ist. 2022 starben deutschlandweit 1.990 Menschen an den Folgen des Drogenkonsums - fast 9 % mehr als im Vorjahr (https://de.statista.com). Die meisten Drogentoten gab es hierzulande nach dem Konsum von Heroin oder Morphin. Das Durchschnittsalter betrug 40 Jahre. Die Gesamtrate liegt damit auf dem höchsten Stand der letzten 20 Jahre. Als Reaktion darauf müssen Eltern, Ärztinnen und Ärzte und Pädagoginnen und Pädagogen insbesondere Jugendliche präventiv mit Wissen und Werkzeugen ausstatten, damit sie sich selbst umfassend schützen können. Außerdem müssen Jugendliche und Familien durch professionelle psychische Gesundheits- und Suchtdienste unterstützt werden. Seien wir alle täglich wachsam und suchen wir das Gespräch!