Der fortschreitende Klimawandel hat Auswirkungen auf die (kinder-)dermatologische Praxis: In einer Literaturübersicht wird beschrieben, wie Hitze, Extremwetter, Luftverschmutzung und Waldbrände Patientinnen und Patienten mit Neurodermitis zu schaffen machen.

Umweltfaktoren wie starke Luftverschmutzung können zu einer Verschlechterung von chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen führen. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels befürchten Forschende aus dem texanischen Nashville weitreichende Konsequenzen, insbesondere für Betroffene mit Neurodermitis. In ihrer Literaturstudie haben Dr. Sharon Kam von der Vanderbilt University School of Medicine und ihr Team eine Reihe beunruhigenden Assoziationen zusammengetragen.

Luftverschmutzung schadet der Haut

Durch das Verbrennen fossiler Treibstoffe gelangen vermehrt Substanzen in die Luft, die entweder die Haut oberflächlich reizen oder - das gilt vor allem für lipophile Substanzen - vermutlich sogar ins Gewebe eindringen und dort zur Entstehung reaktiver Sauerstoffspezies beitragen können. Diese wiederum können laut Kam und ihren Kollegen eine Schädigung der Hautbarriere mit vermehrtem transepidermalem Wasserverlust in Gang setzen. Weitere Folgen seien die Freisetzung inflammatorischer Zytokine, die vermehrte Produktion von IgE sowie die Aktivierung von Eosinophilen und Neutrophilen.

Epidemiologische Studien haben zudem ergeben, dass die langfristige Exposition gegenüber Stickoxiden, Feinstaub und daran anhaftenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH) sowie bodennahem Ozon das Risiko einer atopischen Dermatitis (AD) und die Häufigkeit von Exazerbationen steigen lässt, so Kam et al. Verkehrsbedingte Luftverschmutzung war zudem in mehreren Studien mit einer erhöhten AD-Inzidenz verknüpft.

Allergenlast der Luft steigt

In Zeiten des Klimawandels komme unter anderem auch Birkenpollen eine steigende Bedeutung zu, konstatiert das Forscherteam. Die Pollenflugsaison beginnt aktuell deutlich früher und dauert länger als noch vor einigen Jahren. Damit steigt insgesamt die Allergenlast der Luft, was nicht nur Asthmasymptome verstärken kann, sondern auch den Juckreiz bei AD.

Feuer im Wald, Feuer auf der Haut

Der bei Waldbränden entstehende Rauch enthält hohe Konzentrationen an Feinstaub, insbesondere Partikel mit einem Durchmesser< 2,5 μm, aber auch PAH. Infolge des in Kalifornien wütenden Camp Fire kam es laut Kam und Kollegen 2018 in dermatologischen Praxen in den USA zu einem merklichen Anstieg von Arztkonsultationen wegen AD und Juckreiz, auch durch Personen, die nie zuvor unter entsprechenden Beschwerden gelitten hatten. Der Wind hatte den Rauch und mit ihm den Feinstaub tausende Kilometer weit getragen, sodass auch Regionen im Mittleren Westen und selbst im Osten der USA betroffen waren.

"In dem Maß, wie die durch den Klimawandel verursachten Brände zunehmen, werden auch AD-Exazerbationen in Zukunft häufiger auftreten", warnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher.

Starkregen begünstigt perkutane Infektionen

Auch Extremwetterereignisse dürften in den nächsten Jahren zunehmen. Sowohl starke Niederschläge als auch Hitze können das Krankheitsbild einer AD verschlimmern, so Kam und ihr Team. Es gebe Beispiele dafür, dass nach Flutkatastrophen die Zahl der AD-Fälle in Notaufnahmen zugenommen habe. Ein Grund dafür seien perkutane Infektionen, etwa mit Staphylokokken, Pseudomonas oder Streptokokken, für die AD-Betroffene mit ihrer geschädigten Hautbarriere ohnehin anfällig seien. Das Risiko erhöhe sich, wenn Menschen in überfluteten Gebieten längere Zeit im Wasser waten müssten. In niederschlagsreichen Perioden lauert aber auch eine weitere Gefahr: Schimmel, der sich bevorzugt in feuchten Wohnungen bildet. Auch dieser kann laut Kam und ihrem Team mitunter einer AD verschlimmern.

Mehr Hitze, mehr Juckreiz

Hitzeperioden wiederum tragen dazu bei, den Juckreiz bei den Betroffenen zu verstärken. Über den Teufelskreis aus Jucken und Kratzen kommt es in solchen Phasen verstärkt zum Aufflammen der Neurodermitis und dadurch bedingten Infektionen. Das Forscherteam warnt, dass in dieser Situation Medikamente gegen Juckreiz wie Antihistaminika, Amitriptylin, Pregabalin, Gabapentin oder Mirtazapin sogar kontraproduktiv sein könnten, da sie die wärmeregulierende Kapazität der Haut herabsetzen und die Empfindlichkeit gegenüber Hitze sogar noch verstärken.

Basierend auf: Kam S et al. The impact of climate change on atopic dermatitis and mental health comorbidities: a review of the literature and examination of intersectionality. Int J Dermatol. 2023;62(4):449-58