Plötzliche unerwartete Todesfälle bei jungen Menschen treten in Europa mit einer jährlichen Häufigkeit von ein bis drei auf 100.000 Personen auf. Postmortale Untersuchungen bleiben oft ergebnislos. Eine Innsbrucker Arbeitsgruppe identifizierte nun eine noch kaum bekannte Mitochondriopathie, die sich bei zwei Geschwistern klinisch eindrücklich manifestierte.

Berichtet wird über den langen Weg zur richtigen Diagnose bei zwei Schwestern im Teenageralter, die nach geringem Alkoholkonsum einen Herzstillstand erlitten. Das ältere Mädchen überlebte zwei Asystolien im Alter von 14 und 15 Jahren. Sie wurde einer umfassenden Untersuchung unterzogen, bei der isolierte Herzanomalien wie eine Fibrose, eine dilatative Kardiomyopathie sowie Entzündungen festgestellt wurden.

Die jüngere Schwester erlitt im Alter von 15 Jahren - drei Jahre nach dem ersten Vorfall bei ihrer Schwester - einen Herzstillstand und starb plötzlich im Schlaf, nachdem sie mit Freunden ein bis zwei Biere getrunken hatte. Die toxikologische Untersuchung ergab einen Blutalkoholgehalt von 0,13 Promille. Die Autopsie des Herzens zeigte eine akute Myokarditis ohne strukturelle Veränderungen. Eine Multigen-Panel-Analyse (ohne PPA2-Gen) ergab bei beiden Schwestern und der gesunden Mutter Varianten in den Genen SCN5A und CACNA1D. Sechs Jahre später ermöglichte die Duo-Exom-Sequenzierung die Diagnose einer autosomal-rezessiven PPA2-bezogenen Mitochondriopathie.

Manzanilla-Romero HH et al. Only one beer can be mortal: a case report of two sisters with cardiac arrest due to a homozygous mutation in PPA2 gene. EJPE. 2023; doi: 10.1007/s00431-023-05034-9

Kommentar

Die diagnostische Bedeutung von Multigen-Panels und Exom-Analysen ist inzwischen enorm. Ein Mangel am mitochondrialen Enzym Pyrophosphatase Typ 2 (PPA2) resultiert in einer seltenen Krankheit, die bei jungen Betroffenen zum plötzlichen Herztod und zu fortschreitenden neurologischen Funktionsstörungen führt. Erstaunlicherweise lösen bereits geringe Mengen Alkohol eine Funktionsstörung des Herzens aus und führen zum Herzstillstand. Die genetische Diagnose ist wichtig für die medizinische Versorgung und das tägliche Leben, insbesondere weil Alkoholkonsum strikt vermieden werden sollte.

In dieser Familie war die erste diagnostische Stufe ein NGS-Panel für Herzrhythmusstörungen (48 Gene). Dabei wurden auch zwei heterozygote Varianten der Gene SCN5A und CACNA1D von unklarer Signifikanz entdeckt. Zu diesem Zeitpunkt war die mit PPA2 zusammenhängende Krankheit noch nicht bekannt. Erst durch die spätere Exom-Sequenzierung ließ sich die Diagnose der 2016 entdeckten Mitochondriopathie stellen.

Nicht eindeutige genetische Ergebnisse müssen vor dem Hintergrund wachsender Erkenntnisse permanent hinterfragt werden. Die Relevanz für die Familie, die richtige Diagnose zu kennen und von der genetischen Last einer autosomal-dominant vererbten Prädisposition für Herzstillstände "befreit" zu werden, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.