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Extremer Anstieg der Energiepreise, Krieg in der Ukraine, Inflation im zweistelligen Prozentbereich - für Investorinnen und Investoren sind schwierige Zeiten angebrochen und manche alte Regel scheint nicht mehr zu gelten. Dr. Hanno Kühn von der apoBank rät trotzdem zu einer Anlagestrategie der ruhigen Hand.
Herr Dr. Kühn, nahezu alle Anlageklassen sind in den vergangenen Monaten kräftig im Wert gefallen. Was heißt das für die Anleger*innen? Sollen sie abwarten, bis der Sturm vorüber ist?
Kühn: Der schlimmste Sturm ist schon vorüber. Er ist natürlich noch nicht vorbei, aber der größte Schaden ist bereits eingetreten. Die langfristigen Zinsen sind bereits so stark gestiegen, da wird nicht mehr viel passieren. Bei den Aktien sind wir bei einem Minus von 20 % noch zwischen Baum und Borke - es kann sein, dass es nochmals nach unten geht. Jetzt gilt es, sich zu überlegen, was nach der Krise zu tun ist. Es beginnt jetzt die Zeit für ein antizyklisches Investieren. Ob jetzt der günstigste Zeitpunkt dafür ist oder erst etwas später, wird man erst im Nachhinein wissen.
Welche Strategie halten Sie denn in einer solchen Krisenzeit für nervenschonend und gleichzeitig für Erfolg versprechend?
Kühn: Das Erste ist immer, ein Portfolio aufzusetzen, das den eigenen Bedürfnissen entspricht. Überlegen Sie, wenn dann der Wert sinkt, vielleicht sogar deutlich, aber die Dividenden sind vielleicht so hoch wie erwartet: Sind Sie dann wirklich ärmer geworden? Immerhin haben Sie nach wie vor denselben Anteil an dem Unternehmen, und die Gewinnabschläge wegen der Krise sind schon in den Kursen eingepreist. Insofern müssen Sie an Ihrer Strategie wahrscheinlich gar nichts ändern, wenn sie vorher bereits gepasst hat - es sei denn, es hat sich grundsätzlich etwas geändert. Das nehmen wir häufig so wahr, ist aber selten der Fall. So ist es wahrscheinlich auch diesmal, so schlimm der Krieg in der Ukraine auch ist.
Sind denn Aktien bei einer Inflation, wie wir sie aktuell haben, noch die richtige Anlageklasse? Immerhin handelt es sich um eine Investition in Sachwerte. Auf der anderen Seite drehen die Notenbanken momentan kräftig an der Zinsschraube, spräche das nicht eher gegen Aktien?
Kühn: Aktien sind definitiv richtig. Dahinter steht die Annahme, dass ein florierender Unternehmenssektor reale Erträge produzieren muss, sonst können Unternehmen nicht überleben. Mittelfristig wird dies zwingend immer so sein, und dann sind Aktien auf jeden Fall die richtige Wahl - das zeigt die Entwicklung über die vergangenen 150 Jahre: Aus 100 US-Dollar wären in diesem Zeitraum bei einer durchschnittlich erreichten Verzinsung von 7 % mehr als zwei Millionen Dollar geworden. Langfristig könnte es allenfalls sein, dass sich diese Renditekurve abflacht, vielleicht auf 5 % - aber es wird immer eine Überrendite von Aktien gegenüber Schuldtiteln geben - es sei denn, die Welt, so wie wir sie kennen, ginge unter.
Sollten Anleger*innen in der gegenwärtigen Situation bestimmte Branchen oder Regionen bevorzugen?
Kühn: Nein, sie sollten vor allem keine Branche oder Region benachteiligen, ich würde keine rausnehmen. Die beste Basisstrategie ist am Ende ein Welt-Portfolio. Man kann davon ausgehen, dass in den Preisen für dieses Portfolio alle bekannten Informationen schon eingepreist sind. Nur in Regionen, in denen es keine Unternehmens-Governance gibt, die für einen fairen Handel und verteilte Chancen für alle Unternehmen sorgen, muss man vorsichtig sein.
Wie sieht es denn mit der Gesundheitsbranche aus? Lohnt sich auch hier eine möglichst breite Diversifizierung?
Kühn: Die Branche ist eher für ein defensiv aufgestelltes Portfolio, sie ist wenig von der Konjunktur abhängig, besonders auf der Nachfrageseite. Die Angebotsseite hängt dagegen langfristig schon vom Wachstum ab - dieses bestimmt, welches Versorgungsniveau sich eine Gesellschaft langfristig leisten kann. Für Ärzte kann diese Branche passen als bewusst gewähltes Thema - wenn sie der grundsätzlichen Ausrichtung auf eine breite Diversifikation nicht zuwiderläuft. Immerhin: Anleger benötigen, um eine Strategie durchzuhalten, immer auch Investitionen, mit denen sie emotional verbunden sind.
Nun Ihr Fazit zum Schluss: Welchen Ratschlag würden Sie Anleger*innen vor allem in diesen Krisenzeiten mit auf den Weg geben?
Kühn: Nur wer investiert, kann auch am langfristigen Fortschritt dieser Welt partizipieren. Es ist ebenfalls sinnlos, 40 % des eigenen Vermögens in Bargeld oder kurzfristigen Anlagen zu halten. Denn für diesen Teil des Vermögens ist bei einer angenommenen Nullverzinsung der Verlust dann garantiert - und zwar in Höhe der Inflationsrate.
Das Interview führte Hauke Gerlof.
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Gerlof, H. Aktien sind weiterhin wichtig. Pädiatrie 34, 63 (2022). https://doi.org/10.1007/s15014-022-4794-6
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