Bei Verdacht auf eine Entwicklungsverzögerung oder -störung sollte ein standardisierter Entwicklungstest eingesetzt werden, der auch eine Verlaufsbeurteilung ermöglicht. Nach einer umfassenden Neunormierung des ET 6-6 liegt jetzt ein Verfahren vor, das über den Altersbereich von sechs Monaten bis sechs Jahren fünf elementare Entwicklungsbereiche abdeckt, nämlich

  • Körpermotorik,

  • Handmotorik,

  • kognitive Entwicklung,

  • Sprache,

  • sozial-emotionale Entwicklung.

Bei der Auswahl der Testitems wurde das Grenzsteinprinzip berücksichtigt. Grenzsteine der Entwicklung sind definiert als der Zeitpunkt, zu dem bestimmte Fertigkeiten von 90-95 % aller Kinder beherrscht werden. Dies ermöglicht eine präzise Kenntnis des Zeitpunktes, zu dem die allermeisten Kinder die abgefragten Fertigkeiten erwerben sowie eine hohe prognostische Validität für Entwicklungsauffälligkeiten.

Der Test ermöglicht die Quantifizierung von Teilleistungen und eine Einteilung in unauffällig, Risikobereich und gravierende Entwicklungsdefizite sowie eine Erfassung von Entwicklungsdifferenzen. Die Ergebnisse dienen als Grundlage einer Beratung der Eltern und Förderung des Kindes. Der Test umfasst 166 Testaufgaben sowie 79 Elternfragen. Die Testdauer beträgt je nach Alter 20 bis 60 Minuten.

Zusätzlich wird eine Verhaltensbeobachtung dokumentiert, um Motivation, Konzentration/Aufmerksamkeit, soziale Interaktion, Sprachverständnis sowie Muskeltonus und -motorik zu erfassen. Testwiederholungen sind je nach Alter nach sechs Wochen bis sechs Monaten möglich. Bei dem Testaufbau wurde darauf geachtet, das Ausmaß der Sprachgebundenheit gering zu halten.

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Franz Petermann, Thorsten Macha

ET 6-6-R: Entwicklungstest für Kinder von 6 Monaten bis 6 Jahren - Revision)

Pearson

2. korrigierte Auflage 2015, 1.608,82 €

Beurteilung in der Praxis

Durchführung, Protokollierung, Auswertung sowie grafische Darstellung des Tests waren bei Kindern aus unserer Praxis problemlos und ohne größeren Zeitaufwand zu bewerkstelligen. Die Kinder arbeiteten hochmotiviert mit, da die Materialien ansprechend und verständlich sind. Lediglich der schnelle Wechsel der Testmaterialien führte bei einem Teil der Kinder zu Schwierigkeiten mit erhöhter Ablenkbarkeit und Mühe, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren. Für Kinder, die die deutsche Sprache nicht oder schlecht beherrschen, kann es schwer werden, einen Teil der Aufgaben zu erfüllen. Ebenso liegt der Elternfragebogen nur in deutscher Sprache vor.

Allgemein stellt der ET 6-6-R sowohl in der Durchführung als auch in seiner Aussagekraft eine deutliche Verbesserung gegenüber seinem Vorgänger dar. Wichtig ist auch die schriftlich dokumentierte Verhaltensbeobachtung, die einen Hinweis auf Störungen im Verhaltens-/Aufmerksamkeitsbereich geben kann. Der ET 6-6-R sollte unbedingt zum Inventar von Praxen mit dem Schwerpunkt psychomotorische Entwicklung bei Kindern zählen.