Eine Patientin mit Hüftschmerzen stellt sich in Ihrer Praxis vor. Von einem "Hüftschnupfen" bis zur septischen Koxitis kommen nun einige Differenzialdiagnosen in Betracht. Auf dem DGKJ-Kongress erklärte ein Experte, was Sie bei der Diagnostik beachten müssen.

Ein elfjähriges Mädchen stellt sich in der Nacht mit Hüftschmerzen nach einem Hockeyspiel ohne Trauma in der Notaufnahme vor. Differenzialdiagnostisch sind eine Reihe von Ursachen in Betracht zu ziehen - von der Coxitis fugax bis zu schwerwiegenden Erkrankungen der Hüfte wie einer Epiphysiolysis capitis femoris (ECF) oder die septische Koxitis.

Die Coxitis fugax - der "Hüftschnupfen" - tritt meist bei viralen Infekten auf und ist charakterisiert durch Hüft- oder Knieschmerzen sowie ein Schonhinken. Hüftbeugung, Streckung und Rotationsfähigkeit sind eingeschränkt. Fieber besteht nicht. Sonografisch kann ein Gelenkerguss nachgewiesen, aber nicht von einem septischen Erguss unterschieden werden. Das Labor zeigt ein CRP < 20 mg/l und Leukozyten < 12.000/µl.

Die akute ECF ist eine wichtige Diagnose, weil sie mit dem Risiko einer Hüftkopfnekrose einhergeht. Ursache ist eine nicht traumatische Epiphysenlösung der Wachstumsfuge des proximalen Femurs. Die ECF manifestiert sich bevorzugt in der Pubertät, vor allem einseitig (4 : 1), Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen (2 : 1). Klinisch zeigen sich Schmerzen in Knie, Hüfte oder Leiste mit Schonhinken. Es imponiert ein positives Drehmann-Zeichen, bei dem eine 90-Grad-Beugung im Hüftgelenk nur möglich ist, wenn das Bein nach außen rotiert und der Unterschenkel nach innen zur Körpermitte zeigt. Das Labor ist in der Regel unauffällig; sonografisch zeigt sich ein Erguss. Die Röntgenuntersuchung sollte als Beckenübersicht und axiale Aufnahme beider Hüften erfolgen. "Hilfreich ist die Kleins-Linie", konstatierte Dr. Michael Kertai vom Klinikum St. Marien in Amberg. Dabei wird eine Tangente an den lateralen Schenkelhals gelegt, die immer einen Teil des Hüftkopfs schneiden sollte. Schneidet sie nicht, ist ein Hüftkopfabrutsch bei ECF gesichert.

Bei septischer Koxitis drohen dauerhafte Schäden

Eine gefürchtete Differenzialdiagnose ist die septische Koxitis, die auf keinen Fall verpasst werden darf - denn ein Infekt in einem Gelenk, der über mehr als vier Tage persistiert, führt zu einem Dauerschaden. In Abgrenzung zur Coxitis fugax besteht Fieber, die Gehfähigkeit ist oft aufgehoben, die passive Beweglichkeit aufgrund der Schmerzen meist nicht durchführbar. Sonografisch zeigt sich ein deutlicher Erguss. Das Röntgenbild kann initial noch unauffällig sein, später können Lateralisation des Hüftkopfs, Luxation bei massivem Erguss oder ossäre Destruktionen imponieren. Laborparameter (CRP, Leukozyten) sind erhöht.

Grundsätzlich gilt, dass bei Hüftschmerzen und Gelenkerguss vier Parameter die Diagnose eines eitrigen Geschehens in der Hüfte ermöglichen - hohes Fieber, Gehunfähigkeit, erhöhter BSG oder CRP sowie Leukozyten > 12.000/µl, so Kertai. Treffen zwei der Prädiktoren zu, besteht eine diagnostische Sicherheit von 40 %, die sich auf 93 % bei drei und auf 99 % bei allen vier Parametern erhöht. Spätestens dann ist eine Gelenkpunktion indiziert.

Bei der jungen Patientin wurde die Diagnose einer septischen Koxitis zu spät gestellt. Nach viel Diagnostik, drei Monaten Antibiotikatherapie und mehr als zehn Revisionsoperationen kam es innerhalb eines halben Jahres nach der Erstvorstellung zu einer Hüftkopfnekrose.

Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Düsseldorf, 8./9. September 2022