Die Versorgung von Kindern mit Down-Syndrom (DS) hat sich über die letzten Jahrzehnte enorm verbessert. Betrug die Säuglingssterblichkeit bei DS im Jahr 1930 noch über 50 % und die Lebenserwartung im Schnitt nur neun Jahre, so können Menschen mit DS heute über 60 Jahre alt werden, und im Säuglingsalter versterben weniger als 5 % der Betroffenen, fasste Professor Tilman Rohrer, Abteilung für Pädiatrische Endokrinologie am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar, auf dem von InfectoPharm veranstalteten Consilium live zusammen. Damit Kinder- und Jugendärzte, aber auch die Angehörigen stets im Blick haben, welche speziellen Vorsorgen für Kinder mit DS neben den standardmäßigen U-Untersuchungen wann relevant sind, empfiehlt Rohrer das DS-Gesundheitscheck-Heft, das beim Deutschen Down-Syndrom-Infocenter unter www.ds-infocenter.de/ bestellt werden kann.

Neben neuropädiatrischen oder HNO-Untersuchungen wird darin auch zu einer frühen Kontrolle der Schilddrüsenfunktion geraten. Rohrer empfahl, diese Untersuchung bereits in einem Lebensalter von drei bis sechs Monaten vorzunehmen. Er präsentierte Daten aus Homburg, wonach von 1.032 Kindern mit DS 5,5 % eine konnatale Hypothyreose aufwiesen - trotz unauffälliger Befunde im Neugeborenenscreening. "Das Neugeborenenscreening alleine scheint hier nicht auszureichen", warnte er. Im weiteren Verlauf wurde bei 20,8 % der Kinder aus dieser Kohorte eine erworbene Hypothyreose diagnostiziert. Kinder mit DS und einer Hypothyreose sollten ab einem Serumwert von Thyreotropin (TSH) > 10 mU/l und einem niedrigen Serumwert von freiem Thyroxin (fT4) mit L-Thyroxin behandelt werden.

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In einer Studie hatten 5,5 % der Kinder mit Down-Syndrom eine angeborene Hypothyreose - trotz negativem Befund im Neugeborenenscreening.

Ob Kinder mit DS und einer angeborenen Hypothyreose von einer frühen L-Thyroxin-Substitution profitieren, wurde in einer randomisierten, doppelblinden Studie überprüft [Trotsenburg ASP et al. J Clin Endocrinol Metab 2005;90:3304-11]. 196 Kinder mit DS in einem Alter von unter vier Wochen wurden darin entweder mit täglich 8 µg/kg L-Thyroxin behandelt oder mit Placebo. Nach 24 Monaten war die motorische Entwicklung der Kinder aus der Thyroxin-Gruppe signifikant weniger verzögert als die der Placebogruppe (62,2 % vs. 60,4 % im BSD-II). Auch die mentale Entwicklung war unter Thyroxin im Vergleich zu Placebo tendenziell weniger verzögert. Im Alter von 10,7 Jahren wurden die Kinder noch einmal untersucht. In der Gruppe der Kinder, die bereits früh mit L-Thyroxin behandelt worden waren, traten signifikant weniger Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse auf als in der Placebogruppe (18,5 % vs. 32 %) [Zwaveling-Soonawala N et al. Eur J Endocrinol 2017;176:505-13].

Symposium "Down-Syndrom - Beratung bei Geburt und im Kindes- und Jugendalter", 46. Consilium live, Unterschleißheim (München), 27.5.2022; Veranstalter: InfectoPharm