Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS, ICD-10 D59.3) gehört zu den führenden renalen Ursachen des akuten, dialysepflichtigen Nierenversagens im Kindesalter. In der klinischen Praxis ist die differenzialdiagnostische Abgrenzung der zugrundeliegenden Ursachen herausfordernd, aber für die rasche Therapiewahl und -einleitung relevant.

Auch wenn die typische klinische Trias aus mikroangiopathischer hämolytischer Anämie, Thrombozytopenie und akuter Niereninsuffizienz allen HUS-Formen gemeinsam ist und für die Diagnose sensitiv, ermöglicht sie noch keine spezifische Zuordnung des HUS. Im Update der S2k-Leitlinie zum HUS im Kindes- und Jugendalter werden die verschiedenen HUS-Formen konsequent nach den bislang bekannten Pathomechanismen eingeteilt, wie Professor Dominik Müller, pädiatrische Gastroenterologie, Nephrologie und Stoffwechselmedizin, Charité - Universitätsmedizin Berlin, auf einem von Alexion veranstalteten Symposium anlässlich der Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie erläuterte: In der Zusammenschau mit den entsprechenden laborchemischen Testungen und den wegweisenden klinisch-diagnostischen Hinweisen könne die differenzialdiagnostische Abklärung auch zügig gelingen.

Als zeitaufwendig kann sich insbesondere die Diagnostik beim Verdacht auf das sehr seltene atypische HUS (aHUS) erweisen: Die thrombotische Mikroangiopathie ist beim aHUS komplementvermittelt und kann bei einem Teil der Patienten auf eine hereditär bedingte, chronisch unkontrollierte Komplementaktivierung zurückgeführt werden. Da die verzögerte Therapieeinleitung eine massive Nierenschädigung zur Folge haben kann, dürfe die Therapie keinesfalls durch die Diagnostik verzögert werden, gab Professor Lutz T. Weber, Leiter der Kindernephrologie an der Universitätsklinik Köln, zu bedenken: Insbesondere bei der Verdachtsdiagnose eines komplementvermittelten HUS komme es auf den frühzeitigen Beginn einer spezifischen Therapie an - auch dann, wenn die zum Teil Tage bis Wochen beanspruchende endgültige Diagnosestellung noch nicht erfolgt sei.

Mit der Zulassung von Eculizumab (Soliris®) im Jahr 2011 wurde zur Behandlung des aHUS bei Kindern und Erwachsenen erstmals eine spezifische, komplementinhibierende Therapie verfügbar, die sich zum "Game Changer" entwickeln sollte. Die deutlich verbesserte Prognose unter Eculizumab führte zur Anpassung der nationalen und internationalen Therapieempfehlungen. Im Juni 2020 wurde mit Ravulizumab (Ultomiris®) zudem der erste langwirksame C5-Komplementinhibitor als weitere Standardtherapie verfügbar.

Ravulizumab ermöglicht (nach Abschluss der Induktion) gegenüber dem bisherigen 14-tägigen Therapieintervall mit Eculizumab eine Verlängerung des Applikationsintervalls: Nach einer Initialdosis wird Ravulizumab in Abhängigkeit vom Körpergewicht nur noch alle vier oder acht Wochen verabreicht (bei ≥ 20 kg alle 8 Wochen und bei < 20 kg alle 4 Wochen). Während die Indikationsstellung zur C5-komplementinhibierenden Therapie meistens klar sei, fehlten bislang standardisierte Empfehlungen bei Kindern - etwa in Bezug auf die Therapiedauer oder die besten Follow-up-Möglichkeiten zur Therapiekontrolle, so Professor Rainer Büscher, Nephrologe an der Universitätsklinik Essen. Aus seiner Sicht erfolgten Therapieentscheidungen bei Kindern und Jugendlichen allerdings ohnehin sehr individualisiert.

Symposium "aHUS Diagnostik und Therapie auf dem neusten Stand",53. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie, Freiburg (Breisgau), 17.5.2022; Veranstalter: Alexion