Präpartales Übergewicht der Mutter ist mit einem erhöhten Risiko einer ADHS beim Kind assoziiert. Bei Kindern adipöser Mütter sollte daher auf Verhaltensauffälligkeiten geachtet werden.

Es besteht eine deutliche Assoziation zwischen ADHS und Adipositas. Die Kausalität zwischen den beiden Störungen ist jedoch noch unklar. Die Autoren dieser Longitudinalstudie untersuchten daher nun Daten der Northern Finish Birth Cohort (NFBC). Von 55.374 Kindern erhielten 2.984 die Diagnose ADHS, ihr BMI wurde im Alter von 7,8 und 16 Jahren kontrolliert und der BMI der Mutter vor der Geburt betrachtet. Zusätzlich wurden polygenetische Risikoscores (PRS) - sowohl für ADHS als auch Adipositas - erhoben.

Die PRS-Assoziationsanalyse ergab eine genetische Überlappung zwischen den Symptomen ADHS und Adipositas. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um den hyperaktiven oder den überwiegend unaufmerksamen Subtyp der ADHS handelte. Die Autoren konnten auch einen direkten Zusammenhang zwischen dem präpartalen BMI der Mutter und einer ADHS beim Kind ermitteln, nachdem sie den genetischen Link korrigierten. Sie schließen daraus, dass die Komorbidität zwischen ADHS und Adipositas sowohl eine genetische als auch eine umfeldbedingte pränatale Ursache hat.

Karhunen V et al. The link between attention deficit disorder (ADHD) symptoms and obeesty-related traits: genetic and prenatal explanations. Transl Psychiatry 2021;11:455

Kommentar

Bisher ging man überwiegend davon aus, dass der genetische Link zwischen Mutter und Kind zur ADHS des Kindes führt, und die Adipositas der Mutter eher auf ein Symptom durch eine ADHS-bedingte Impulskontrollschwäche der Mutter schließen lässt. Die Autoren dieser Studie konnten erstmals zeigen, dass eine ADHS beim Kind auch direkt, nur durch die Adipositas der Mutter entstehen kann. Diskutiert wird eine chronische Immunstörung der Mutter als Folge ihrer Adipositas.

Eine Schwäche der sehr umfangreichen Studie ist, dass der genetische Einfluss des Vaters nicht berücksichtigt wurde. Aber auch wenn die Kausalität nicht endgültig geklärt ist, so sollten Kinder von Müttern mit Adipositas in ihrer Entwicklung sorgfältig beobachtet und auf eine ADHS untersucht werden, vor allem wenn sich Verhaltensauffälligkeiten mit Lernschwierigkeiten im Schulalter manifestieren. Es wäre weiterhin wünschenswert, wenn adipöse Frauen vor Beginn der Schwangerschaft eine Diät halten würden, um Gewicht zu verlieren - nicht nur ihrer eigenen Gesundheit zuliebe und um Risiken während der Schwangerschaft zu mindern, sondern auch, um transgenerationelle Störungen zu verhindern.