Bei massiven Hypertriglyzeridämien muss auch an eine genetische Ursache gedacht werden. Auch ist dann das Pankreatitisrisiko erhöht. Seit wenigen Jahren gibt es ein Antisense-Oligonukleotid, mit dem sich die zu hohen Triglyzeridspiegel regulieren lassen.

Die Kombination aus rezidivierenden akuten Pankreatitiden und massiver Hypertriglyzeridämie weist auf ein Chylomikronämie-Syndrom hin. Chylomikronen sind jene Partikel, die nach einer Mahlzeit im Darm produziert werden, um danach Triglyzeride und andere Lipoproteine über die Lymphe ins Blut zu transportieren, wo daraus freie Fettsäuren als Energielieferanten entstehen. Die Triglyzeridwerte betragen ein Vielfaches des Nüchtern-Normalwerts von 150 mg/dl. Normalerweise werden die Chylomikron-Reste (Remnants) nach Abspaltung der freien Fettsäuren zurück zur Leber transportiert. Dies geschieht beim Chylomikronämie-Syndrom nicht.

Hintergrund der Erkrankung sind Mutationen, die den "very low density lipoprotein"(VLDL)-, Remnant- und/oder Chylomikronen-Stoffwechsel betreffen und zu einer primären Hypertriglyzeridämie führen, so der in Bremen niedergelassene Gastroenterologe Professor Gerald Klose. Wenn selbst nach achtstündiger Nahrungskarenz noch Chylomikronen im Blutserum nachweisbar sind, ist das pathologisch. "Eine besonders therapierelevante Ursache massiver Hypertriglyzeridämie (meist > 800 mg/dl [10 mmol/l]) ist ein familiäres Chylomikronämie-Syndrom (FCS)", berichtet Klose. Dem FCS liegt meist ein autosomal-rezessiv vererbter monogener Defekt mit Lipoproteinlipase(LPL)-Mangel zugrunde.

FCS-Patienten klagen bereits in jungem Alter über rezidivierende und starke Oberbauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Bei Kindern treten Gedeihstörungen auf. Weitere Symptome sind eruptive Xanthome, vor allem an Rumpf und Extremitäten. Das Risiko für akute und rezidivierende Pankreatitiden ist bei FCS-Patienten besonders groß, aber auch bei moderat erhöhten Nüchtern-Triglyzeridwerten lasse sich eine Assoziation mit Pankreatitiden erkennen, so Klose.

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Bei FCS besteht eine Hypertriglyzeridämie. Fettreiche Nahrung ist zu meiden.

FCS-Score mit acht Kriterien

Das FCS wird vom multifaktoriellen Chylomikronämie-Syndrom (MFS) unterschieden, das mit einer Prävalenz von 1:600 deutlich häufiger ist als das FCS (Prävalenz: 1:1 Million). Phänotypisch sind beide Syndrome aber nicht gut voneinander zu unterscheiden. Um die Diagnostik zu erleichtern, haben europäische Experten einen FCS-Score mit acht Kriterien vorgeschlagen, der je nach Punktzahl die Diagnose mehr oder weniger wahrscheinlich macht. Vor allem wenn sekundäre Ursachen der Hypertriglyzeridämie wie Stoffwechselstörungen, Fehlernährung und andere Trigger für Stoffwechselentgleisungen ausgeschlossen und bisherige Versuche, den Triglyzeridspiegel zu senken, gescheitert sind, ist die molekulargenetische Diagnostik angezeigt.

Wird die FCS-Diagnose im Zusammenhang mit einer akuten Pankreatitis gestellt, muss zunächst diese potenziell lebensbedrohliche Situation gelöst werden. Anderenfalls steht die Reduktion des Pankreatitisrisikos im Vordergrund.

Welche Therapieoptionen gibt es?

Zur schnellen Senkung des Triglyzeridspiegels werden Plasmaaustauschverfahren angewendet. Die Nahrung soll nur sehr wenig Fette enthalten, mittelkettige Triglyzeride werden bevorzugt, so Klose. Praktisch sei das jedoch schwer umsetzbar und nur eingeschränkt effektiv. Ähnlich verhalte es sich mit hochdosierten Omega-3-Fettsäuren (12 g/Tag) und Fibraten.

Als neue Behandlungsoption steht seit wenigen Jahren das Antisense-Oligonukleotid Volanesorsen zur Verfügung. Es wird zusätzlich zu Ernährungstherapie und körperlicher Aktivität angewendet und hemmt in der Leber die Bildung von ApoC3, einem Regulator des Triglyzerid-Stoffwechsels und der Chylomikron-Clearance. In der Zulassungsstudie konnte mit der einmal wöchentlichen Subkutaninjektion über drei Monate eine Senkung des Triglyzeridspiegels um 77 % erzielt werden, während in der Placebogruppe ein Anstieg um 18 % zu verzeichnen war. In einer Post-hoc-Auswertung sank die über 52 Wochen registrierte Pankreatitisinzidenz.