Impfstoffe lassen sich in Zellkultur schneller produzieren als in Eiern. Zudem lässt sich mit diesem Verfahren flexibler auf neue Virusmutationen reagieren. Nun wurde gezeigt, dass ein quadrivalenter Influenzaimpfstoff Kinder und Jugendliche zuverlässig schützt.

Hühnereier sind standardmäßig die Plattform zur Herstellung von Influenzaimpfstoffen. Dieses Verfahren ist umständlich und wird auch beispielsweise beim Gelbfieberimpfstoff als Ursache für eine niedrige klinische Wirksamkeit angesehen [Wu NC et al. PLoS Pathog 2017;13:e1006682]. Grund für die niedrige Effektivität sind die in Eiern natürlicherweise entstehenden Mutationen im Hämagglutininprotein. Zudem benötigt die Herstellung in Eiern viel Zeit, weswegen es technisch sehr schwierig ist, auf plötzlich entstehende Virusmutationen zu reagieren. Die Verwendung von Zelllinien zur Herstellung eines Influenzaimpfstoffs kann diese Nachteile umgehen. In der hier vorgestellten Studie wurde in einem Phase-III/IV-Programm der inaktivierte quadrivalente Influenzaimpfstoff IIV4c, der in Madin-Darby-Kaninchennierenzellen (MDCK) gewonnen wird, bei Kindern und Jugendlichen klinisch evaluiert.

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Besonders gut wirkt der quadrivalente Influenzaimpfstoff aus der Zellkultur gegen den Influenzatyp A.

Für die Studie wurden 4.514 Kinder und Jugendliche im Alter von zwei bis 18 Jahren rekrutiert und randomisiert entweder in die IIV4c-Gruppe oder die Kontrollgruppe, die den Meningokokken-ACWY-Impfstoff erhielt, eingeteilt. IIV4c besteht aus 15 μg Hämagglutinin/0,5 ml, das die Influenzatypen A (H1N1, H3N2) und B (Yamagata, Victoria) abdeckt. Die Studie lief während drei Grippesaisons in den Jahren 2017 bis 2019 in Ländern der Nord- und der Südhalbkugel. Das Follow-up erfolgte sechs Monate nach der letzten Impfung oder bis zum Ende der jeweiligen Influenzasaison.

Primärer Endpunkt war das Auftreten influenzatypischer Symptome (Fieber, Husten, Hals-, Gliederschmerzen) in Kombination mit einem positiven RT-PCR-Test oder einem kulturellen Virusnachweis aus einem Nasenabstrich.

Die Gesamtwirksamkeit von IIV4c betrug 54,6 %. Gegenüber Influenza A/H1N1 betrug sie sogar 80,7 %, gegenüber Influenza A/H3N2 42,1 % und gegenüber Influenza B 47,6 %. Dabei war der Impfstoff über alle Subgruppen ungefähr ähnlich protektiv wirksam. Die Häufigkeit von Nebenwirkungen war in beiden Gruppen ebenfalls ähnlich.

Nolan T, Fortanier AC, Leav B et al. Efficacy of a cell-culture-derived quadrivalent inflenza vaccine in children. N Engl J Med 2021;385:1485-95

Kommentar

Die Studie belegt die klinische Wirksamkeit eines in Zellkultur gewonnenen Influenzaimpfstoffs. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass die Herstellungszeit viel kürzer ist als beim klassischen, auf Eiern basierenden. Zudem ermöglicht es, schneller auf Virusmutationen zu reagieren, und mögliche Wirksamkeitseinbußen durch die in Eiern bedingten Proteinmutationen werden umgangen. Die beobachtete schwankende beziehungsweise auch geringere Wirksamkeit gegen andere Virustypen als der A/H1N1-Variante beruhte wahrscheinlich auf einer vergleichsweise höheren Glykosilierung des Hämagglutinins.

In dieser Studie wurde als Komparator ein gegen Influenza inaktiver Impfstoff verwendet. Für eine vergleichende Beurteilung der beiden Herstellungsverfahren wäre natürlich eine Head-to-Head-Studie mit Vergleich zwischen IIV4c und einem in Eiern hergestellten Impfstoff nötig [Hartvickson R et al. Int J Infect Dis 2015;41:65-72, Bruxvoort KJ et al. Vaccine 2019;37:5807-11].