Störungen des Geruchs- oder Geschmackssinns oder auch Nahrungsverweigerung können gerade bei kleinen Kindern oft das erste und einzige Symptom einer COVID-19-Erkrankung sein und mitunter auch noch lange fortbestehen. Kinderärzte sollten Eltern dahingehend beraten.

Bei Patienten mit COVID-19 kann eine olfaktorische und gustatorische Dysfunktion (OGD) beobachtet werden. In Pediatrics wurde kürzlich berichtet, dass bei Kindern unter zwei Jahren die akute Abneigung gegen feste Nahrung als Manifestation von OGD unmittelbar nach einer SARS-CoV-2-Infektion als erstes und möglicherweise einziges Symptom auftreten kann.

Ein 16 Monate altes Mädchen wurde nach einem Erstickungsanfall beim Trinken in der Klinik vorgestellt. Vier Monate zuvor hatte die Patientin einige Tage Fieber und war im PCR-Test positiv auf SARS-CoV-2. Seitdem weigerte sie sich, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Vor ihrer COVID-19-Diagnose gelang die Aufnahme fester Nahrung altersgerecht und problemlos. Nach der Entlassung fanden über Monate Gespräche mit dem Hausarzt und Ernährungsberater statt. Das Kind reagierte weiterhin empfindlich auf Duftstoffe, aß aber wieder ein bis zwei Löffel feste Nahrung pro Mahlzeit.

Ein weiterer, 17 Monate alter Junge, entwickelte über eine Woche Fieber, Rhinorrhö, Kurzatmigkeit und eine Enteritis. Sein SARS-CoV-2-PCR-Test fiel positiv aus. Als er einen Monat später beim Kinderarzt vorgestellt wurde, berichtete die Mutter, dass er seit Krankheitsbeginn feste Nahrung verweigere. Noch fünf Monate später wechselte er zwischen drei Mahlzeiten pro Tag und einer Woche mit vier bis fünf Esslöffeln Suppe und ein paar Bohnen. Er würde das Fleisch zerkauen, den Saft aussaugen und danach die Fleischportion ausspucken. Er trinke Wasser, Saft und Vollmilch.

Der verzögerte und variable klinische Verlauf bei diesen Patienten steht im Einklang mit Untersuchungen an Erwachsenen, wonach die COVID-19-bedingte OGD sehr unterschiedlich verläuft und ein Drittel der Patienten anhaltende Symptome hat. Für Kinder bietet die Literatur jedoch derzeit keine klaren Muster. Unter 454 pädiatrischen COVID-19-Fällen hatten 92 (20 %) eine OGD. Bei einigen war die OGD die erste und/oder einzige Manifestation von COVID-19.

Tseng F-H et al. Is acute solid food aversion a proxy for COVID-19-related olfactory and gustatory dysfunction? Pediatrics 2022;149(1):e2021052534

Kommentar

Die olfaktorischen und geschmacklichen Manifestationen von COVID-19 können viele Formen annehmen, darunter Anosmie, Hyposmie, Parosmie (verzerrter Geruch in Gegenwart einer vertrauten Geruchsquelle) und Phantosmie (Geruchserfahrung in Abwesenheit einer Geruchsquelle). Zu den geschmacklichen Befunden gehören Ageusie (kein Geschmack), Hypogeusie (reduzierter Geschmack) und Dysgeusie (verzerrter Geschmack).

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Einige Kinder verweigern nach einer COVID-Erkrankung feste Nahrung oder reagieren empfindlich auf Duftstoffe.

Die Pathophysiologie der COVID-19-bedingten OGD ist nach wie vor nur unvollständig verstanden. Es existieren Hypothesen in Bezug auf funktionelle Schäden oder Entzündungen des olfaktorischen oder gustatorischen Epithels, die über das Angiotensin-Converting Enzyme 2 (ACE2) und die Transmembranprotease - Serin-2-Proteine, die in der Mund- und Nasenhöhle reichlich vorhanden sind - vermittelt werden.

Als Quintessenz dieser Beobachtungen sollten wir Kinderärzte uns bewusst sein, dass OGD der erste oder sogar einzige Hinweis auf die Diagnose dieser Infektion bei präverbalen Kindern sein kann und Teil der Beratung nach einer COVID-19-Erkrankung bei diesen Kindern sein muss.