Wie bereits für Erwachsene gezeigt, scheinen auch Kinder und Jugendliche mit Asthma bronchiale nicht besonders gefährdet zu sein, an COVID-19 zu erkranken. In einigen Fällen scheinen sie womöglich sogar besonders geschützt zu sein.

Viele Eltern sorgen sich, dass Kinder mit Asthma bronchiale ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben. Daten von vorwiegend stationär behandelten Erwachsenen mit Asthma zeigen dagegen, dass diese seltener und weniger schwer an COVID-19 erkranken als Erwachsene ohne Asthma. Für Kinder und Jugendliche gibt es dazu bisher wenig publizierte Daten.

Daher wurden nun 6.515 Kinder mit der Diagnose Asthma bronchiale im Alter zwischen fünf und 17 Jahren, die zwischen 2017 und Februar 2020 in medizinischer Betreuung an Gesundheitseinrichtungen der Duke Universität in den USA waren, mittels Prospensity Score Matching (PSM) ebensovielen Kindern ohne Asthma gegenübergestellt. Als primärer Endpunkt wurde die Zahl der Kinder definiert, die von März bis Oktober 2020 an der Duke Universität per PCR positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden.

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© bubutu / Fotolia (Symbolbild mit Fotomodell)

Möglicherweise sind Kinder mit Asthma sogar vor Corona geschützt, weil sie weniger ACE2 auf der Zelloberfläche exprimieren.

Viele demografische Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für einen Test beeinflussen, wurden a priori ermittelt, um diese Variablen beim PSM zu berücksichtigen. Zu den Kindern mit negativem PCR-Befund wurden auch jene gezählt, die im Beobachtungszeitraum nicht getestet wurden. Dann wurde geprüft, ob eine Assoziation zwischen manifestem Asthma und dem Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion besteht. Außerdem wurde der Einfluss einer Therapie mit inhalierbaren Kortikosteroiden (ICS) oder von atopischen Komorbiditäten untersucht.

Asthma war mit einem niedrigeren Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion assoziiert (RR: 0,67). Kinder mit ICS (RR: 0,6) oder mit atopischen Komorbiditäten hatten tendenziell eine noch geringere Assoziation (RR: 0,59). Kein Kind mit Asthma und COVID-19 musste in dieser Studie stationär behandelt werden.

Die Autoren folgern, dass Kinder mit Asthma bronchiale ein geringeres Risiko (ca. 35 %) für eine SARS-CoV-2-Infektion haben als Kinder ohne Asthma, besonders wenn ein ICS rezeptiert wurde oder weitere Atopien vorliegen.

Rao S, Hurst JH, Zhao C et al. Asthma and the risk of SARS-CoV-2 infection among children and dolescents. medRxiv preprint; doi: 10.1101/2021.07.20.21260871

Kommentar

Die aktuelle Studie scheint zu bestätigen, dass pädiatrische Asthmapatienten wie auch Erwachsene kein erhöhtes Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion haben, möglicherweise sogar ein geringeres, insbesondere bei ICS-Therapie.

Jedoch sind methodisch einige Einschränkungen zu beachten. Die Arbeit ist noch nicht durch das wissenschaftliche Peer-Review-Verfahren gegangen. Zur Analyse von retrospektiven Real-World-Datensätzen ist das PSM-Verfahren eine geeignete Methode. Jedoch ist ein erfolgreiches PSM abhängig davon, wie gut a priori Variablen identifiziert wurden, für die statistisch kontrolliert wird, um den Effekt eines "confounding by indication" zu vermeiden.

Ähnlich wie bei publizierten Studien mit Erwachsenen kann in der Kinder-Studie etwa nicht ausgeschlossen werden, dass Asthmapatienten sich aus Sorge vor schwerem COVID-19 besonders vorsichtig verhalten. Auch wurden Asthmapatienten ohne aktuelle Dauermedikation nicht in die Studie aufgenommen und die STROBE-Kriterien ("strengthening the reporting of observational studies in epidemiology") für Beobachtungsstudien wurden nicht komplett erfüllt [von Elm et al. PLoS Med 2007;4:e296]. Zudem konnten Lungenfunktions- und klinische Verlaufsdaten wegen fehlender Information in der Datenbank nicht berücksichtigt werden. Dadurch kann nicht ausgeschlossen werden, dass etwa einige Subgruppen doch ein erhöhtes Risiko haben.

Im Kontext mit publizierten Daten, in denen die Diagnose Asthma bronchiale bei Kindern gar negativ mit der Wahrscheinlichkeit einer stationären COVID-19-Therapie assoziiert war [Floyd et al. J Allergy Clin Immunol Pract 2021;9:2077-9.e2], ist es aber plausibel, dass kein allgemein erhöhtes Risiko für Kinder mit Asthma für einen schweren COVID-19-Verlauf besteht. Der Zelleintritt von SARS-CoV-2 wird wesentlich durch die Interaktion mit dem Angiotensin-Converting Enzyme 2 (ACE2) auf der Zelloberfläche bestimmt [Yang et al. Nature commun 2020;11:4541]. Aus mechanistischer Sicht gibt es die Hypothese, dass dieser Zelleintritt infolge einer durch die Th2-Immunantwort bedingten niedrigeren ACE2-Expression bei Minderjährigen mit allergischem Asthma erschwert wird [Kimura et al. J Allergy Clin Immunol 2020;146:80-8.e8; Rich et al. Front Immunol 2020;11:574027].

Die Studie weist also darauf hin, dass für die meisten Kinder und Jugendlichen mit Asthma kein allgemein erhöhtes Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion besteht. Dies ist für die Kommunikation mit Eltern, Patienten und Institutionen wie Schulen besonders wichtig. Ob Kinder mit Asthma sogar ein geringeres Risiko für Infektion und Erkrankung haben, ist eine interessante Hypothese, die noch bestätigt werden muss.