Den freien Zugang zur Gesundheitsversorgung als Menschenrecht sicherzustellen und zu verbessern - dafür steht "Ärzte der Welt". In der Somali-Region kämpft die Organisation gegen Infektionskrankheiten, Hunger und Untergewicht. Ein mühsames Unterfangen, aber jedes Kind, das Normalgewicht erreicht, ist ein großer Erfolg.

Ihren Anfang nahm die Hilfsorganisation Ärzte der Welt bereits im Jahr 1980: Bei einer Massenflucht vietnamesischer Boat-People Ende der 1970er-Jahre retteten 15 Mediziner gemeinsam mit Journalisten viele Flüchtlinge vor dem sicheren Ertrinkungstod. Daraufhin entstand die Gruppe "Médecins du Monde", die mittlerweile aus 16, meist europäischen, unabhängigen Vereinen besteht. Die Hilfsorganisation betreut rund 350 Projekte in 74 Ländern - darunter der Nahe Osten, Afrika, Nord- und Südamerika sowie Asien. Rund 10.000 Menschen engagieren sich für den Verein und 300 Ehrenamtliche helfen in Deutschland mit. Ärzte der Welt e. V. arbeitet seit dem Jahr 2000 als deutsche Sektion der internationalen Organisation.

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© Ärzte der Welt

Gewichtskontrollen sind ein fester Bestandteil der Patientenuntersuchung.

Unterernährung ist eine der großen Herausforderungen

Seit 1986 ist Ärzte der Welt e. V. in Äthiopien tätig. Zurzeit liegt ein Schwerpunkt auf der Somali-Region. Das Land ist geprägt von kriegerischen Konflikten, Trockenheit und regelmäßigen Choleraausbrüchen. Im Jahr 2020 kamen eine Heuschreckenplage, der Bürgerkrieg in Tigray und die COVID-19-Pandemie erschwerend hinzu. Ein großes Problem ist die Nahrungsmittelunsicherheit auch in anderen Regionen des Landes: Laut einer Statistik von 2016 liegt der Anteil akut unterernährter Kinder in der Somali-Region bei 23 %.

Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren beträgt 94 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten und die Sterblichkeitsrate von Säuglingen wird auf 67 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten beziffert. Die Menschen vor Ort leiden häufig auch unter Durchfall, einem Mangel an sauberem Wasser, Erkrankungen der Atemwege, durch Impfungen vermeidbare Krankheiten wie Masern sowie unter Malaria. "Fieber ist eine der Hauptursachen für Mortalität und Morbidität von Kindern unter fünf Jahren", so Murithi Gatumo, medizinischer Koordinator von Ärzte der Welt e. V. in Äthiopien.

Ärzte der Welt e. V. setzt sich dafür ein, die Mutter-Kind-Gesundheit, die Basisgesundheitsversorgung sowie die Hygienesituation und die Wasserversorgung vor Ort zu verbessern. Dafür arbeitet die Organisation eng mit der lokalen Nichtregierungsorganisation Organisation for Welfare and Development Association (OWDA) zusammen. Ein Schwerpunkt im Bereich Pädiatrie liegt darin, eine Unter- und Mangelernährung zu erkennen und zu behandeln. Dazu werden Kinder, die zwischen sechs und 59 Monate alt sind, wöchentlich in den Gesundheitseinrichtungen untersucht. Bei Bedarf nehmen die Kinder an einem ambulanten Ernährungsprogramm teil und erhalten eine energiereiche Spezialnahrung, eventuell zusätzlich eine medikamentöse Behandlung.

Mütter bei der Ernährung ihrer Kinder unterstützen

"Wenn ein Kind zum Beispiel wegen Fieber in eines unserer Gesundheitszentren gebracht wird, wiegen wir es und messen unter anderem seine Größe und seinen Kopfumfang. Wenn die Werte im empfohlenen Bereich sind, fragen wir die Mutter, was sie ihrem Kind zu essen gibt und wie sie das Essen zubereitet. Wenn nötig geben wir ihr dann Tipps, wie sie die Lebensmittel noch besser zubereiten kann, um den Nährwert zu optimieren. Wenn das Kind untergewichtig ist, befragen wir die Mutter zur Ernährungsweise, dem Appetit des Kindes und zur Krankengeschichte. Wir schauen auch, dass die Mutter selbst gesund ist", sagt Murithi Gatumo. "Wenn ein Kind leicht unterernährt ist, unterstützen wir es mit unserem ambulanten Ernährungsprogramm. Es bekommt Portionsbeutel mit energiereicher Spezialnahrung mit nach Hause. Nach einer Woche muss es dann wiederkommen und wird noch einmal untersucht. In der Regel erreicht das Kind innerhalb von drei bis vier Wochen Normalgewicht." Im Gesundheitszentrum sehen die Ärzte häufig leider immer wieder dieselben Kinder, aber: "Wenn ich mich einige Monate, nachdem ein Kind bei uns in Behandlung war, erkundige und erfahre, dass wir in seinem Leben etwas Positives bewirken konnten, ist das das Größte für mich."