Eine gut sichtbar angebrachte Tabelle, auf der die Dosierungsangaben von Adrenalin aufgeführt sind, ist eine einfache Möglichkeit, zahlreiche Leben zu retten. Denn gerade im pädiatrischen Bereich sind Fehler bei der Dosierung von Medikamenten häufig und können schlimme Folgen haben.

Die häufigsten Fehlerquellen bei der Arzneimittelgabe sind falsche Dosierungen und fehlerhafte ärztliche Verordnungen. In der Kindernotaufnahme einer regionalen Kinderklinik wurde ein Risikoaudit durchgeführt, um 10er-Potenz-Fehler zu erfassen: Innerhalb von zwölf Tagen fanden sich zwei Verordnungen mit 10er-Potenz-Fehler, das entsprach 1/766 Verordnungen. Die Autoren schlossen daraus, dass 10er-Potenz-Fehler regelmäßig vorkommen und häufiger sind, als sie berichtet werden. Als wichtigste Ursache identifizierten sie eine "Nicht-Vertrautheit" mit der Dosis.

Besonders dramatisch ist ein 10er-Potenz-Fehler bei der Gabe von Adrenalin zur Reanimation. Eine entsprechende Studie wurde abgebrochen, da die Kinder die hohe Dosis (100 µg/kg statt 10 µg/kg) nicht überlebten. In einer Real-World-Studie betrug die durchschnittliche Überdosierung von Adrenalin 882 % der empfohlenen Dosis. Einen Fall dieser Studie schilderte PD Dr. Jost Kaufmann, Abteilung für Kinderanästhesiologie des Kinderkrankenhauses Köln: "Der acht Monate alte Säugling wurde erfolgreich beatmet, die Pulse unter CPR waren gut tastbar und der intraossäre Zugang gelungen. Damit hatte man eigentlich schon gewonnen. Dann allerdings wurden 3 × 250 µg/kg Adrenalin gegeben - das 25-Fache der empfohlenen Dosis. Das Kind verstarb." Sein Gewicht war nicht im Notarzt-Einsatzprotokoll angegeben, der Rechtsmedizin zufolge lag es bei 8 kg.

Kaufmann empfahl dringend, entsprechende Tabellen zur Dosierung von Adrenalin zu nutzen. "Es gibt keine Maßnahme im Zusammenhang mit Reanimation oder der Postreanimationsbehandlung, in der man so viele Leben retten kann wie durch die einfache Maßnahme, auf eine Tabelle zu sehen, bevor man einem Kind Adrenalin verabreicht", so Kaufmann.

Gerade in der pädiatrischen Medizin fehlen häufig altersgerechte Darreichungsformen und flexible Dosierungen, so dass eine Manipulation der Arzneimittel erforderlich ist. Professor Antje Neubert berichtete von einer Beobachtungsstudie an der Kinder- und Jugendklinik in Erlangen. Hier wurden im Beobachtungszeitraum über zwei Drittel (37 %) der Zubereitungen manipuliert, mehr als die Hälfte (56,1 %) aller Manipulationen waren off-label. Von den Säuglingen und Kleinkindern erhielten 42 % mindestens ein verändertes Medikament - im Vergleich zu 31 % der erwachsenen Patienten. "Tatsächlich war die Manipulation meist gar nicht vermeidbar, da im Klinikbetrieb kein geeignetes Arzneimittel verfügbar war", erklärte Neubert.

Symposium "Arzneimitteltherapiesicherheit - Vermeidbare Schäden durch Arzneimittel", DGKJ-Kongress; 6.-9. Oktober 2021; Berlin