Werden Kinder und Jugendliche mit SARS-CoV-2 hospitalisiert, können auch neurologische und psychiatrische Symptome vorliegen. Welche das sind und warum sich ein SARS-CoV-2-Test generell bei neurologischen Patienten lohnt, haben britische Forscher zusammengefasst.

Wissenschaftler um Stephen Ray von der University of Liverpool sammelten die Krankheitsbilder von 52 Kindern und Jugendlichen, die mit neurologischen oder psychiatrischen Symptomen in britische Krankenhäuser aufgenommen wurden. Alle waren mit SARS-CoV-2 infiziert. Eingeteilt wurden die Patienten in zwei Gruppen: Diejenigen, die Symptome aufgrund einer COVID-19-Infektion entwickelt hatten, und solche mit dem Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS), auch multisystemisches inflammatorisches Syndrom bei Kindern (MIS-C) genannt. PIMS trat im letzten Frühjahr erstmals nach teilweise asymptomatischen Infektionen mit SARS-CoV-2 auf.

COVID-19 versus PIMS

Die Studienautoren stellten fest, dass 3,8 von 100 Patienten unter 18 Jahren, die wegen SARS-CoV-2 hospitalisiert wurden, neurologische oder psychiatrische Symptome aufwiesen. Das durchschnittliche Alter lag bei neun Jahren.

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Ein PCR-Test schafft Klarheit, ob neurologische Probleme auf SARS-CoV-2 zurückzuführen sind.

In der COVID-19-Gruppe mit insgesamt 27 Kindern waren dabei diese Krankheitsbilder vertreten: Status epilepticus (n = 7), (Meningo-)Enzephalitis (n = 5), Guillain-Barré-Syndrom (n = 5), akute demyelinisierende Erkrankungen (n = 3), choreatische Bewegungsstörungen (n = 2), Psychosen (n = 2), isolierte Enzephalopathien (n = 2) sowie eine transitorische ischämische Attacke (n = 1). In knapp der Hälfte der Fälle handelte es sich um ein para- oder postinfektiöses immunvermitteltes Geschehen, etwa beim Guillain-Barré-Syndrom.

In der PIMS-Gruppe mit 25 Patienten waren häufig mehrere Befunde zu verzeichnen, wie die Enzephalopathie (n = 22; 88 % der Patienten der PIMS-Gruppe), Beteiligung des peripheren Nervensystems (n = 10; 40 %), Verhaltensänderungen (n = 9; 36 %) und Halluzinationen (n = 6; 24 %). In dieser Gruppe traten neurologische Manifestationen später auf, die Patienten wurden öfter auf die Intensivstation verlegt (80 % in der PIMS-Gruppe vs. 22 % in der COVID-19-Gruppe) und erhielten häufiger eine immunmodulatorische Therapie (88 % vs. 44 %).

Allgemeine Symptome wie Fieber, Ausschlag, Hypotonie und Schock waren bei 77 % der Kinder und Jugendlichen vertreten, jedoch häufiger bei PIMS. 37 % der Fälle der COVID-19-Gruppe waren noch bei ihrer Entlassung nicht wiederhergestellt, in der PIMS-Gruppe waren dies 28 %. Ein Kind, das an PIMS erkrankt war, starb an den Folgen eines Schlaganfalls.

Testen lohnt sich

Bekannte Neuroimmunerkrankungen waren häufig bei Patienten der COVID-19-Gruppe zu beobachten, wohingegen Patienten mit PIMS heterogenere, sich überlappende Merkmale wie Enzephalopathie oder Neuromyopathie aufwiesen, so die Autoren. In dieser Kohorte wies kein Patient Merkmale auf, die auf eine virale, durch eine direkte Invasion des Hirnparenchyms verursachte Enzephalitis hindeuten. Die Studienautoren vermuten, dass unterschiedliche Mechanismen des Immunsystems die Ursache für die neurologischen Manifestationen sind.

Insgesamt war in beiden Gruppen ein breites Spektrum an Störungen zu beobachten. Im Vergleich benötigten mehr Kinder und Jugendliche mit PIMS eine Intensivpflege, bei ihrer Entlassung war die Verfassung der Patienten beider Gruppen jedoch ähnlich.

Die Autoren weisen darauf hin, wie wichtig ein PCR-Test auf COVID-19 bei allen Kindern und Jugendlichen sei, die wegen neurologischer Symptome vorstellig würden. Bei den Patienten ihrer prospektiven Kohortenstudie war nur von acht bekannt, dass sie SARS-CoV-2-positiv waren. Bei den restlichen Kindern kam die Infektion erst durch einen nachträglich durchgeführten PCR-Test ans Licht.

Erwähnenswert fanden die Autoren auch, dass 69 % der Patienten asiatischer oder afroamerikanischer Abstammung waren. Warum diese Gruppe häufiger betroffen ist, was der zugrundeliegende Pathomechanismus dieser neurologischen Erkrankungen bei COVID-19-Patienten ist und wie die Langzeitfolgen aussehen, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch unklar.

Ray STJ et al. Neurological manifestations of SARS-CoV-2 infection in hospitalised children and adolescents in the UK: a prospective national cohort study. Lancet Child Adolesc Health2021;5:631-41