"Impfen Sie Ihre pädiatrischen Patienten gegen COVID-19?"

Die STIKO empfiehlt die COVID-19-Impfung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren bislang nur bei bestimmten Vorerkrankungen, wohingegen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen haben, Impfungen nun für alle 12- bis 17-Jährigen niederschwellig anzubieten. Sollen Kinder- und Jugendärzte ihre kleinen Patienten nun impfen oder lieber abwarten? Eine schwierige Entscheidung.

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Infektion oder Impfung? Eine knifflige Frage derzeit für Kinder- und Jugendärzte.

Dr. med. Ludwig Schmid, München

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Wir wissen, dass Jugendliche wieder mit folgenschweren Einschränkungen nach der Urlaubszeit rechnen müssen. Wir wissen, dass Jugendliche ihresgleichen brauchen und dass gesellschaftliches Miteinander und Sport essenziell sind für ihre Gesundheit. Und wir wissen auch, dass die Impfung sehr gut wirkt und gut verträglich ist. Was wir nicht kennen, sind die langfristigen Folgen der Impfung, nicht heute und nicht in Jahren. Sollen die meisten Jugendlichen dennoch vom Impfen ausgeschlossen bleiben? Es wird wieder zu einer Zerreißprobe kommen, bei der viele Jugendliche emotional auf der Strecke bleiben werden und der Belastung nur unter größten Anstrengungen Stand halten können! Diesen Spagat bespreche ich mit Jugendlichen und ihren Eltern und enthalte niemandem ab einem Alter von zwölf Jahren die Impfung vor.

Dr. med. Martin Schwenger, Koblenz

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Seit der Zulassung des mRNA-Impfstoffs Comirnaty^® für die Altersgruppe von 12-15 Jahren stellt sich uns jeden Tag die Frage: Wie können wir die Wünsche und Ängste gesunder Jugendlicher mit der nur eingeschränkten Impfempfehlung der STIKO in Einklang bringen? Dafür führen wir mit den Jugendlichen und ihren Eltern eine individuelle Impfberatung durch, gehen gezielt auf ihre Wünsche und Sorgen ein und wägen dann gemeinsam Risiko und Nutzen gegeneinander ab. Bestehen nach der Aufklärung Zweifel beim Jugendlichen oder seinen Eltern, raten wir dazu, erst mal abzuwarten; wünscht sich der Jugendliche aber die Impfung aus Angst vor einer Infektion, raten wir dazu, die Impfung durchzuführen (auch wenn die Eltern vielleicht selbst noch zweifeln). Wir finden, es lohnt sich dabei sehr, den Jugendlichen zuzuhören.

Dr. med. Petra Zieriacks, Bergisch Gladbach

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Nach den STIKO-Empfehlungen vom 10. Juni ergeben sich für mich folgende schwerwiegende moralische Fragen: Kinder und Jugendliche können demnach "nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz des Kindes oder Jugendlichen" auch ohne Vorerkrankungen geimpft werden. Bedeutet das, dass ich mich bei der Entscheidung für oder gegen die Impfung auf die Einschätzung eines zwölfjährigen Kindes und dessen Eltern verlassen soll? Rechtfertigt der Wunsch nach mehr Freiheiten und einem unbeschwerten Urlaub die Risiken einer Impfung? Sollen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren, für die die EMA-Zulassung für Comirnaty^® bereits im Dezember 2020 erfolgt war und die bislang nach den für Erwachsene geltenden Regeln geimpft wurden, nach den neuen STIKO-Empfehlungen nun restriktiver geimpft werden? Diese Beispiele zeigen, wie schwierig ärztliche Entscheidungen bezüglich der Coronaimpfungen sind. Besorgt um die Situation in Schulen und Kindergärten nach den Sommerferien und wegen der zunehmenden Fälle von Long-COVID bei Kindern und Jugendlichen auch in meiner Praxis, impfen wir inzwischen auch zunehmend jüngere Kinder.

Dr. med. Johannes Weigel, Augsburg

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Ich bin im Großen und Ganzen auf der Linie der STIKO. Das bedeutet, dass ich die Impfung gegen COVID-19 bei Jugendlichen ab zwölf Jahren mit schweren Vorerkrankungen für sinnvoll erachte, da die Krankheit für gesunde Jugendliche eine geringe Gefahr darstellt. Demgegenüber steht eine zwar existente, aber seltene Möglichkeit schwerer Nebenwirkungen wie Myokarditiden. Es darf nicht sein, dass durch politischen oder gesellschaftlichen Druck eine rationale medizinische Entscheidung beeinflusst wird. Dennoch halte ich abseits der Empfehlung eine Impfung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen des meist mündigen Jugendlichen für sinnvoll. Einige von ihnen haben Angst vor der Erkrankung und machen sich Sorgen über ihre persönliche Lebensplanung, die eine Impfung sinnvoll machen. Daher biete ich in meiner Praxis auch Impfungen für Jugendliche nach einem Aufklärungsgespräch an. Möglicherweise werden bald Studienergebnisse zu Long-COVID bei Jugendlichen unsere Entscheidung für die Impfung zusätzlich positiv beeinflussen. Auch die STIKO wird diese Studien kritisch bewerten und die Ergebnisse in zukünftige Empfehlungen einfließen lassen.

Dr. med. Kirsten Stollhoff, Hamburg

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In Hamburg begann Anfang August wieder die Schule. Ein Großteil der Schüler verbrachte seine Ferien im Ausland. Laut der Sozialsenatorin werden die Reiserückkehrer zu circa 30 % an den Inzidenzzahlen beteiligt sein. Aus einer kürzlich veröffentlichten englischen Studie geht hervor, dass eines von 50.000 infizierten Kindern unter 18 Jahren stationär aufgenommen werden muss. Das erscheint wenig, ist es also gerechtfertigt, Kinder zu impfen? Ich meine ja, aber erst, wenn alle impfwilligen Erwachsenen sowie alle Lehrer und Erzieher geimpft wurden. Wünschenswert wäre es, allen Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren ein Impfangebot zu machen. Wenn das ausreicht, um einen normalen Schulunterricht zu gewährleisten, könnte man mit den Impfungen von Kindern und Jugendlichen weiter abwarten - vor allem bei den Kindern unter 16 Jahren. Es ist abzuwägen, ob eine Impfung oder eine COVID-19-Erkrankung einem Kind mehr schadet. Dazu ist die Datenlage noch dünn. Sicher aber ist, dass ein erneuter schulischer Lockdown mit Einschränkungen im Freizeitbereich der psychischen und physischen Gesundheit der Kinder schadet. Und wenn sich dies nur durch eine Impfung der Kinder vermeiden lässt, dann halte ich dies für das geringere Übel.

Webinar mit Professor Fred Zepp

Kinder gegen Corona impfen? Was Sie über die STIKO-Empfehlung wissen müssen!

Die STIKO hat entschieden: Die Kommission empfiehlt die COVID-19-Impfung für Kinder ab 12 Jahren nicht generell, sondern nur bei Vorliegen bestimmter Vorerkrankungen. Was müssen Kinderärzte nun für die Beratung der Eltern in der Praxis wissen? Als langjähriges Mitglied der STIKO fasst Professor Fred Zepp die Datengrundlage für die aktuelle Empfehlung zusammen - und blickt auf laufende Studien und die nahe Zukunft.

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