Dass Kinder, die auf dem Bauernhof aufwachsen, seltener Allergien entwickeln als Stadtkinder, weiß man schon länger. Aber welches Protein vermittelt diesen Schutz? Und lässt sich dieser therapeutisch nutzen? Eine Studie mit einer holo-BLG-Lutschtablette deutet zumindest darauf hin.

Viele Faktoren beeinflussen anscheinend, ob jemand eine Allergie entwickelt. Haustiere können - vermutlich über eine günstige Beeinflussung des Mikrobioms - zur Allergieprävention beitragen, wobei Hunde besser geeignet scheinen als Katzen. Eine Reihe von Untersuchungen hat auch bereits zeigen können, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, bis zu 50 % seltener Allergien und Asthma aufweisen als "Stadtkinder." Dieser Effekt ist sehr wahrscheinlich auf verschiedene Bestandteile von Bakterienspezies wie Bacteroidales, Clostridiales und Lactobacillales zurückzuführen.

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Molkeproteine in der Rohmilch scheinen einen starken allergiepräventiven Effekt zu haben.

Wie die Arbeitsgruppe um Erika von Mutius bereits 2011 nachwies, trägt auch der Genuss von Rohmilch zum schützenden Effekt bei Kindern auf Bauernhöfen bei [Braun-Fahrländer C, von Mutius E. Clin Exp Allergy 2011;41:29-35]. Molkeproteine scheinen dabei die wichtigste Rolle zu spielen, insbesondere α-Lactalbumin sowie β-Lactoglobulin; (BLG), diese werden allerdings durch Kochen und Pasteurisieren der Milch deutlich reduziert. BLG selbst gehört zur Eiweißfamilie der Lipocaline. Diese binden kleine, hydrophobe Liganden, etwa Vitamine wie Vitamin A und D, Hormone wie Adrenalin und eisenbindende Siderophore. Bekannt ist auch, dass unbeladenes BLG (sog. apo-BLG) Inflammationen begünstigen kann, wohingegen beladenes BLG (sog. holo-BLG) immunsuppressive Eigenschaften aufweist [Mayerhofer H et al. Allergo J Int 2021; 30:135-40].

Dieses holo-BLG - assoziiert mit Zink - konnte nun sowohl in der Luft als auch im Stallstaub von Rinderfarmen als schützendes Hauptprotein isoliert werden. Eine erste Pilotstudie bei Pollenallergikern wies positive Effekte für diese Substanz nach. Auch eine dreimonatige Behandlung mit einer holo-BLG-Lutschtablette vermochte die Symptomatik bei Hausstaubmilbenallergien deutlich zu reduzieren.

Im zeitlichen Verlauf verbesserten sich alle Symptomscores ebenso wie das persönliche Wohlbefinden in klinisch relevantem Ausmaß, deutlich sichtbar durch den geringeren Anstieg der Beschwerdelage bei der finalen Hausstaubmilben-Exposition. Allerdings ergaben sich mit der Lutschtablette keine wesentlichen Änderungen für den "peak nasal inspiratory flow" (PNIF) und die Lungenfunktion. Sicherheit und Verträglichkeit der Lutschtablette wurden von den Untersuchern und den getesteten 32 Patienten nicht beanstandet.

Bergmann KC et al. Targeted micronutrition via holo-BLG based on the farm effect in house dust mite allergic rhinoconjunctivitis patients - first evaluation in a standardized allergen exposure chamber. Allergo J Int 2021;30:141-9

Kommentar

Noch stehen placebokontrollierte und doppelblinde Studien mit deutlich größeren Probandenzahlen und insbesondere auch zur Anwendung bei Menschen mit Tierhaarallergien, atopischem Ekzem, Pollen-assozierter Nahrungsmittelallergie sowie weiteren Allergien aus, aber es scheint möglich, dass die holo-BLG-Lutschtablette in Zukunft die allergologische Praxis bereichern könnte.