Leidet ein Kind an einem Morbus Hirschsprung, erhoffen sich Eltern wie Behandler sehr viel von einer Operation. Eine prospektive Studie zeigt nun, dass die Erwartungen oft nicht erfüllt werden und die Kinder postoperativ vielfach unter physischen und psychischen Problemen leiden.

Der Morbus Hirschsprung gehört zu den häufigsten organischen Ursachen einer Obstipation bei Kindern und Jugendlichen. Die meisten Eltern und Pädiater gehen davon aus, dass eine erfolgreiche Operation zu einer kompletten Besserung der Stuhlentleerungsproblematik führt. Das ist in vielen Fällen aber leider nicht richtig.

In 28 kinderchirurgischen Zentren in Großbritannien und Irland wurde der Verlauf von insgesamt 239 Kindern, die in ihren ersten sechs Lebensmonaten an einem Morbus Hirschsprung operiert worden waren, per Fragebogen nachuntersucht. Die Kinder waren zu dem Zeitpunkt 5 - 8 Jahre alt. 12 Kinder (5 %) waren bis zum fünften Geburtstag verstorben. Von den 227 Überlebenden hatten 30 (13 %) ein Stoma, 21 (9 %) eine Harn- und 124 (63 %) eine Stuhlinkontinenz. 155 (79 %) konnten ihren Darm ohne Klysmen/Spülungen entleeren. Von den 214 Kindern, die eine Durchzugsoperation bekommen hatten, mussten sich 95 (44 %) mindestens einer ungeplanten Folgeoperation unterziehen.

Daten zur Lebensqualität wurden nur bei einer kleineren Gruppe (n = 83) erhoben. Knapp die Hälfte dieser Kinder (37; 49 %) hatte eine Lebensqualität, die um mehr als eine Standardabweichung niedriger lag als in der Referenzpopulation.

Allin BSR et al. Outcomes at five to eight years of age for children with Hirschsprung's disease Arch Dis Child 2020; doi: 10.1136/ archdischild-2020-320310

Kommentar

Diese Studie ist deswegen so wichtig, weil sie anders als viele bisher publizierte Daten prospektiv erhoben wurde und ein ganzes Kollektiv sowie eine große Zahl von Zentren betrachtet. Frühere Studien waren oft retrospektive Analysen einzelner Zentren. Die Daten sind durchaus alarmierend, weil sich die Hoffnung der Familien in diese Operationen offensichtlich nicht erfüllen. Dafür gibt es sicherlich vielfältige Gründe, auf die die Studie nicht weiter eingeht. Aus anderen Daten kann aber geschlossen werden, dass verbleibende aganglionäre Segmente eine Rolle spielen können.

Darüber hinaus werden die Kinder durch postoperative anale Manipulationen wie Bougierungen und Einläufe stark belastet. Dies führt dann zu einer funktionellen Störung mit Obstipation und assoziierter Stuhlinkontinenz durch reflektorische Anspannung des willkürlichen Sphinkters. Neben einer Verbesserung des operativen Vorgehens muss deswegen besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, die postoperative Behandlung so atraumatisch wie möglich zu gestalten.

Frühzeitige multidisziplinäre Trainingsprogramme mit Einbeziehung von Psychologen und Physiotherapeuten könnten den Outcome dieser hochbelasteten Patientengruppe verbessern. Auch in Deutschland gibt es bei der Behandlung des Morbus Hirschsprung sicherlich Verbesserungsbedarf!