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Nicht nur die Corona-Pandemie, auch Neuerungen im EBM sorgen für Verunsicherungen und Existenzängste bei Kinder- und Jugendärzten. Die an die Niedergelassenen verschickten Ausführungen der KVen sind jedoch oftmals kompliziert formuliert, irreführend und unverständlich. Zur Klärung haben wir mit Dr. Holger van der Gaag aus Mülheim an der Ruhr, Mitglied des Honorarausschusses des BVKJ, gesprochen.
Herr Dr. van der Gaag, wer kann im Endeffekt mit Ausgleichszahlungen im Rahmen des Corona-Rettungsschirms rechnen? Und gibt es dabei regionale Unterschiede zu beachten?
Dr. Holger van der Gaag: Alle Kinder- und Jugendärzte, die einen Gesamt-Honorarverlust von mindestens 10 % gegenüber dem Vorjahresquartal zu verzeichnen haben, werden von ihren jeweiligen KVen eine Ausgleichszahlung erhalten. Die regionalen Unterschiede in den einzelnen KVen sind im Detail eher gering, es gibt aber eine sehr wichtige Besonderheit für Brandenburg, Baden-Württemberg, das Saarland und Thüringen, denn in diesen KVen muss die Ausgleichszahlung separat beantragt werden, in den übrigen KVen geschieht dies von Amts wegen, also ohne besonderen Antrag.
Impfungen und Vorsorgen wurden zu Beginn der Pandemie von etlichen Praxen selbstgewählt und durchaus auch von den KVen empfohlen reduziert, da alle dachten jetzt kommt der große Corona-Ansturm. Er kam aber nicht - nun fehlen die Honorare. Geht es daher bei den Ausgleichszahlungen nur um extrabudgetäre Leistungen?
van der Gaag: Die Ausgleichszahlungen werden sowohl die Honorare aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV oder budgetäre Honorare) als auch die Honorare aus der extra-MGV (extrabudgetäre Honorare) berücksichtigen.
Wie sieht es bei erheblich weniger Fallzahlen konkret mit der prognostizierten Punktwerterhöhung aus?
van der Gaag: Sinkende Fallzahlen sollten nach den bisherigen vor-Corona-Bedingungen eigentlich in einer Erhöhung der RLV-Fallwerte resultieren, dies wird aber nur teilweise geschehen, da diese Gelder für den Rettungsschirm verwendet werden. Eine Erhöhung des Orientierungspunktwertes um nur 1,25 % auf 11,1244 Ct/Punkt ist gegen die Stimmen der KBV vom Erweiterten Bewertungsausschuss beschlossen worden.
Vor allem Kinderärzte haben das Problem, dass es im Zuge der Corona-Pandemie zu einem massiven Rückgang der budgetären Leistungen durch weniger Infektionsfälle/Notfälle gekommen ist - um wohl bis zu einem Drittel. Im Nachhinein hätte so mancher Kurzarbeit für seine MFAs und/oder angestellten Ärzte und sich selbst beantragt. Ist hierfür gar kein Ausgleich geplant?
van der Gaag: Im Gegenteil, bei den meisten KVen sollen von den Ausgleichszahlungen des Rettungsschirmes andere Unterstützungsleistungen, zum Beispiel das Kurzarbeitergeld, abgezogen werden!
Laut 90 %-Regel soll das Einkommen aus den Vorquartalen bis zu dieser Höhe wohl gesichert sein- ist es das wirklich?
van der Gaag: 90 % des Vorjahresquartalshonorars sind sicher. Da der Rettungsschirm ab dem Quartal 1/2020 gilt, haben viele Kinder- und Jugendärzte bereits einen entsprechenden Bescheid dafür erhalten.
Auch die Steuerberater und Banken der Niedergelassenen sind verunsichert, viele Ärzte haben Schulden mit teilweise hohen Tilgungssummen. Die Kinderärzte wünschen sich und brauchen dringend eine belastbare Prognose über ihre konkreten Einkommensrückgänge. Wie geht es mittelfristig weiter?
van der Gaag: Der Rettungsschirm gilt auch für die weiteren Quartale, bis die Bundesregierung den Pandemiefall offiziell für beendet erklärt, also besteht die Sicherheit der Honorarstabilität abzüglich der nicht erstatteten 10 %.
Seit dem 1. April 2020 gilt auch ein neuer EBM. Auch hier gibt es Fragen und Unsicherheit unter den Kinder- und Jugendärzten. Welche Auswirkung hat die Neubewertung der Ziffern 04001 und 04002 für Kinderärzte? Wird es hier weniger Geld geben?
van der Gaag: Die Ziffern 04001 und 04002 wurden im EBM 2020 abgewertet, andere Ziffern wie die 04230 (Gespräch), 04355 (Sozialpädiatrie), 35100/35110 (Psychosomatik) und andere aufgewertet, hierdurch kommt es nur zu geringen Honorarveränderungen.
Wann ist die neue "Allergieziffer" 30100 anwendbar? Wo liegt der Unterschied zur 04230?
van der Gaag: Die Ziffer 30100 - Spezifische allergologische Anamnese/Beratung umfasst einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt, die Durchführung einer spezifischen allergologischen Anamnese und/oder die Befundbesprechung nach Vorliegen der Ergebnisse der Allergietestung, Dauer je vollendete 5 Minuten und kann bis zu viermal (auch an einem Tage) im Krankheitsfall (= 4 Quartale) abgerechnet werden.
Die neue Ziffer "spezielle Betreuung" 04231 wird vergleichsweise hoch honoriert. Dürfen sie nur Schwerpunktärzte wie Neuropädiater, Kinderkardiologen oder Kinderhämatologen anwenden? Bleibt der Allgemeinpädiater mit speziellen Kenntnissen auf der Strecke?
van der Gaag: Die Ziffer 04231 - Fachärztliches Gespräch ist genauso bewertet wie die Ziffer 04230 mit zur Zeit 14,06 € und wird ebenso auf die maximale Abrechnungsgrenze von 50 % der Gesamtfälle angerechnet. Die Einführung der Ziffer 04231 ist eine langjährige Forderung der Fachpädiater und führt zu keiner honorartechnischen Ungleichheit zwischen Fach- und Allgemeinpädiatern.
Herr Dr. van der Gaag, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Dr. Lamia Özgör
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Özgör, L. Corona und der neue EBM - was Kinderärzte wissen müssen. Pädiatrie 32, 54–55 (2020). https://doi.org/10.1007/s15014-020-2430-x
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