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Dr. med. Martin Claßen, Bremen

Dank der Verbesserungen der Technik, der Sedierungen und der Verfügbarkeit pädiatrischer Gastroenterologen ist die endoskopische Diagnostik mittlerweile für alle Altersgruppen von Geburt an anwendbar. Ein zentrales Problem der Endoskopie ist allerdings die richtige Indikationsstellung insbesondere bei der großen Zahl von Kindern mit chronischen, unspezifischen Beschwerden.

Um den diagnostischen Wert der Magenspiegelung zu untersuchen, wurden die Daten von 1.850 Kindern, die in den Jahren 2006 bis 2016 in Helsinki einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie unterzogen wurden, in einer retrospektiven Analyse erfasst. 271 wurden wegen des Verdachtes auf eine Zöliakie untersucht, 214 zur Anlage einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG) und 462 aufgrund von angeborenen Fehlbildungen. Die Untersuchung fokussierte auf die 666 Patienten mit unspezifischen Symptomen in einem mittleren Alter von 3,5 Jahren. Bei 644 von 666 Fällen (96,7 %) lagen histologische Untersuchungsbefunde vor.

Makroskopisch und histologisch unauffällige Befunde wurden bei 519 von 644 Fällen (80,6 %) erhoben. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen makroskopischer und histologischer Beurteilung. Die Zahl von Kindern mit makroskopischen Auffälligkeiten betrug 6,0 % und histologische Auffälligkeiten lagen bei 11,2 % vor. Die häufigste Auffälligkeit war eine erst- bis zweitgradige Ösophagitis bei 8,9 % der Kinder, wobei die Häufigkeit im ersten Lebensjahr mit 2 von 122 (1,6 %) extrem niedrig lag. Auch eine Gastritis fand sich nur in 4,3 %. Die meisten davon waren mild oder oberflächlich; die Hälfte wurde im Rahmen der Diagnostik für eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED) gefunden. Komplikationen der in Vollnarkose durchgeführten Endoskopien traten bei weniger als 1 % der Fälle auf.

Wenn Säuglinge und Kleinkinder unspezifische Symptome wie Dysphagie, Ernährungsprobleme, Spucken und Erbrechen haben oder der Verdacht auf pulmonale Probleme assoziiert mit der gastroösophagealen Refluxkrankheit besteht, muss nicht gleich eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie durchgeführt werden, denn die Frequenz von Auffälligkeiten mit therapeutischen Konsequenzen ist eher gering.

Kommentar

Die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie bei Säuglingen und Kleinkindern erfordert immer eine Analgosedierung oder gar eine Narkose. Insofern kann sie nicht als Screening-Methode genutzt werden. Die Studie thematisiert die grundsätzlichen Schwierigkeiten bei der Frage, ob man in dieser Altersgruppe bei unspezifischen Symptomen endoskopieren soll.

Die Daten der retrospektiven Analyse belegen erneut, dass bei der Ösophagitis die Korrelation zwischen den Symptomen und den endoskopischen respektive histologischen Befunden extrem schlecht ist. Merken sollte man sich, dass eine höhergradige Ösophagitis in den ersten Lebensmonaten eine Rarität darstellt — aufgrund der physiologisch noch reduzierten Säureproduktion, obwohl die Ausreifung des unteren Ösophagussphinkters noch nicht abgeschlossen ist.

Die Ergebnisse stimmen mit den hiesigen Erfahrungen überein. In deutschen kindergastroenterologischen Einheiten wird deswegen die Indikation zur Ösophago-Gastro-Duodenoskopie streng gestellt, um Kindern unnötige Belastungen zu ersparen. Die Untersuchung ist sicher. Bei guter Indikationsstellung ist der Informationsgewinn höher. Aufgrund der niedrigen Rate an schwerwiegenden Auffälligkeiten ist es aber gerechtfertigt, beim Fehlen von assoziierten Erkrankungen oder Warnzeichen zunächst allgemeine Empfehlungen zur Ernährung und symptomatische Maßnahmen zu ergreifen und nicht gleich eine Spiegelung durchzuführen.