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Dr. med. Kirsten Stollhoff, Hamburg

Crocus sativus lautet der wissenschaftliche Name von Safran. Diese Pflanze ist nicht nur ein kostbares gelb färbendes Gewürz, sondern gilt im Iran zudem auch als Potenzmittel und wird gegen Depressionen und das prämenstruelle Syndrom eingesetzt. Darüber hinaus wird Safran eine stark antioxidative Wirkung nachgesagt. Über 90 % der weltweiten Safranproduktion stammen aus dem Iran.

Forscher von der Universität in Teheran haben jetzt die Wirkung von Safran mit der von Methylphenidat an 54 Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Alter von 6 bis 17 Jahren verglichen. Die Doppelblindstudie lief über sechs Wochen. Die Hälfte der Kinder erhielt abhängig vom Körpergewicht 20–30 mg/d safranhaltige Kapseln (20 mg/d bei < 30 kg und 30 mg/d bei ≥ 30 kg), die andere Hälfte je nach Körpergewicht 20–30 mg/d Methylphenidat (20 mg/d bei < 30 kg und 30 mg/d für ≥ 30 kg). In beiden Gruppen brachen je zwei Kinder die Studie vorzeitig ab. Gründe dafür wurden nicht angegeben.

Nach dreiwöchiger Einnahme bezeugten sowohl die befragen Eltern, als auch die Lehrer eine Verbesserung der Symptomatik in allen Bereichen, tendenziell, aber nicht signifikant stärker in der Methylphenidatgruppe. Nach sechs Wochen bestand jedoch kein Unterschied mehr zwischen den beiden Gruppen. Alle Kinder verbesserten sich auf der ADHS-Ratingskala in erstaunlich ähnlichem Maß. Aus Sicht der Eltern sank der Wert von 34 auf 11 und aus Sicht der Lehrer von 24 auf 15. 20 % der Kinder der Methylphenidatgruppe litten unter Appetitmangel, in der Safrangruppe lag dieser Wert bei lediglich 8 %. Die Autoren schließen aus diesen Ergebnissen, dass Kapseln mit Safran eine gleichwertige Alternative zu einer Therapie mit Methylphenidat darstellen.

Kommentar

Ein erstaunliches Ergebnis: Haben wir Safran, der den Kuchen so schön gelb färbt, bisher unterschätzt? In der Einleitung berichten die Autoren über ein breites Wirkspektrum von antidepressiver, antiinflammatorischer antikonvulsiver, neuroprotektiver und antikarzinogener Wirkung des Pflanzenextrakts. Crocus sativus helfe zudem gegen Parkinson, Alzheimer sowie Potenzstörungen und verbessere die Lernfähigkeit.

Betrachtet man das Studiendesign genauer, fällt aber auf, dass Methylphenidat mit zweimal 10 mg/d beziehungsweise zweimal 15 mg/d recht niedrig dosiert war. Das könnte zum einen erklären, warum die Kinder der Methylphenidatgruppe nicht besser abschnitten als die der Safrangruppe, zum anderen aber auch, warum die Nebenwirkungsrate mit lediglich 20 % Appetitmangel so niedrig war. Denn im klinischen Alltag kommt es unter Methylphenidat bei mindestens 70 % der Kinder und Jugendlichen zu einem Appetitmangel, der jedoch nicht störungsrelevant ist.

Dies erklärt aber nicht das gute Abschneiden von Safran — vor allem beim Elternrating. Da der Wunsch der Eltern nach einer „natürlichen, pflanzlichen Therapie“ für ihre Kinder mit ADHS sehr hoch ist, sollten die Studienergebnisse unbedingt durch eine neue Studie von einer unabhängigen Studiengruppe mit einer höheren Fallzahl und austritiertem Methylphenidat überprüft werden — und zwar möglichst in einem Land, das nicht Safran exportiert.

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Im Iran gilt Safran unter anderem bei Potenzstörungen und Depressionen als wirksam. Laut Teheraner Forschern nun auch bei ADHS ...

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