Nach einem langen, glücklichen und erfüllten Leben verstarb am 1. März 2018 Herr Professor Hansjörg Cremer aus Heilbronn im Alter von 86 Jahren. Professor Cremer wurde 1931 in Heilbronn als Sohn eines Kinderarztes geboren. Nach dem Medizinstudium absolvierte er seine Weiterbildung zum Kinderarzt an verschiedenen Stationen, zuletzt an der Uniklinik Freiburg, wo er sich später extern habilitierte. Von 1965 bis 1974 war er leitender Oberarzt der Kinderklinik Karlsruhe. 1975 wurde er Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Heilbronn, ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg. 1982 verlieh ihm die Heidelberger Fakultät eine außerplanmäßige Professur. Im Jahr 1996 trat Professor Cremer in den Ruhestand. Seit 1998 war er Ehrenmitglied des BVKJ, 2012 wurde er zum Ehrenmitglied der DGKJ ernannt.

Schwerpunkt Kinderdermatologie

Der Interessensschwerpunkt von Professor Cremer war zeitlebens die pädiatrische Dermatologie. Durch seine brillante Beobachtungsgabe und sein detektivisches Gespür war er an der Beschreibung und Einordnung unterschiedlicher Hauterkrankungen im Kindesalter maßgeblich beteiligt. Er leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet des Kawasaki-Syndroms, indem er schon 1978 die ersten Erkrankungsfälle in Deutschland registrierte und die Arbeitsgemeinschaft „Mucocutanes Lymphknoten-Syndrom“ ins Leben rief.

Seine Liebe zur Fotografie verband er mit seinem beruflichen Interesse an der pädiatrischen Dermatologie, baute über Jahrzehnte eine hervorragend strukturierte pädiatrisch-dermatologische Bilderdatenbank auf und veröffentlichte einen Bildatlas häufiger Hautkrankheiten im Kindesalter.

Seine Bilderdatenbank machte er für jeden Kinder- und Jugendarzt zugänglich. Er überführte sie in den Bestand des „Netzwerkes interdisziplinäre Pädiatrische Dermatologie“ (NipD), welches er maßgeblich 2003 mitgegründet hatte. Die Aufgabe des NipD ist es vor allem, die Kompetenz sowohl von Kinder- und Jugendärzten als auch von Dermatologen in der Diagnostik und Therapie von Hautkrankheiten bei Kindern und Jugendlichen zu verbessern. 2014 gab Professor Cremer seine Vorstandstätigkeit ab und wurde zum ersten Ehrenmitglied des NipD ernannt.

Pionierarbeit in Sachen Hämangiome

Nicht zuletzt müssen noch die Hämangiome erwähnt werden, mit denen sich Professor Cremer während seiner Laufbahn intensiv beschäftigte und deren Therapieoptionen durch ihn maßgeblich mitentwickelt wurden. So war er 2008 Ko-Autor der ersten interdisziplinären AWMF-Leitlinie für „Hämangiome im Säuglings- und Kleinkindalter“ und Mitherausgeber des Buches „Hämangiome — Diagnostik und Therapie in Bild und Text“. 2008 hat er nach dem Erstbericht über die Wirkung von Propranolol bei komplizierten Hämangiomen als einer der ersten dieses Therapieverfahren in Deutschland eingeführt.

Er war nicht nur Pionier im medizinisch-fachlichen Bereich. Professor Cremer ging schon früh andere Wege in der Mitarbeiterführung. So konnten schon in den 80er-Jahren alle Kollegen bei der Einstellung neuer Ärzte mitbestimmen. Auch die Frauenquote war ihm wichtig: 50 % der Ärzte sollten Frauen sein. Die heute in vielen Kliniken als Innovation gelobte Teilzeitanstellung war schon damals von Professor Cremer gelebte Nähe zu seinen Mitarbeitern.

Neben seiner außerordentlichen fachlichen Kompetenz und seiner großen Leistungen für die Kinderheilkunde allgemein und für die pädiatrische Dermatologie im Speziellen bleiben seinen Schülern und Kollegen sicherlich die regelmäßigen „Tea Times“ im heimischen Garten in Erinnerung, zu denen auch im hohen Alter eingeladen wurde. Seine aus England stammende Ehefrau Zinnia bereicherte nicht nur die Runde mit britischem Humor und englischem Gebäck, sondern hielt ihrem Mann ein Leben lang den Rücken frei. Ihre vier Kinder und die elf Enkelkinder sorgen dafür, dass es im Hause Cremer nie langweilig wird.

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Professor Hansjörg Cremer mit seiner Frau Zinnia

© H. Bause

Diejenigen, die das Glück hatten, Herrn Professor Cremer als Chef zu haben, denken gerne an die fundierte Ausbildung und Förderung sowie die außerklinischen gemeinsamen Unternehmungen zurück.

Professor Cremer war in der Lage — gepaart mit viel Humor — Menschen zu führen und zu begeistern. Auf diese Weise formte er ein Team, das füreinander einstand. Für viele von uns war er nicht nur Klinikdirektor, sondern auch ein guter Freund. Professor Cremer war und bleibt ein großes Vorbild — in beruflicher und menschlicher Hinsicht.