_ Seit Juli 2017 steht für Patienten mit 5q-assoziierter spinaler Muskelatrophie (SMA) erstmals eine kausale krankheitsmodifizierende medikamentöse Therapie zur Verfügung. Was sich schon in den Zulassungsstudien abgezeichnet hat, bestätigt nun auch die 1-jährige Anwendung in der Praxis: Die Behandlung mit dem Antisense-Oligonukleotid Nusinersen verlangsamt zumindest die Erkrankung, verbessert die Muskelfunktion und bietet den Betroffenen aller Altersstufen eine neue Lebensperspektive.

Schwer von SMA betroffene Säuglinge und Kleinkinder überleben kaum 2 Jahre und motorische Meilensteine, wie zum Beispiel das Heben des Kopfes, freies Sitzen, Stehen oder Gehen sind für sie ohne Therapie unerreichbar, berichtete Prof. Dr. Andreas Hahn vom Universitätsklinikum Gießen. Als Ursache der SMA nannte er einen Defekt des SMN1-Gens (Survival of Motor Neuron). Er führt dazu, dass das für die Produktion von Motoneuronen überlebenswichtige SMN-Protein nicht ausreichend gebildet wird. In der Folge gehen Motoneuronen zugrunde, sodass abhängige Muskulatur zunächst geschwächt wird und zunehmend atrophiert, Kognition und Schmerzempfinden der Patienten aber unbeeinflusst bleiben, so Hahn.

Nusinersen (Spinraza®) verstärkt als Genmodulator die natürliche Funktion des SMN2-Proteins ohne das Genom dauerhaft zu verändern, bewirkt so die Bildung vollständigen und funktionsfähigen SMN-Proteins und stellt letztlich das Überleben der Motoneuronen im Rückenmark sicher. Da Nusinersen intrathekal per Lumbalpunktion in den Liquorraum appliziert wird, sollte die Therapie Spezialisten vorbehalten bleiben. Niedergelassene Ärzte können die SMA-Diagnose einfach mit einem kostenfreien Gentest per Trockenblutkarte der Archimed Life Science GmbH stellen.

Dass Nusinersen klinisch relevant wirkt, konnte in Studien, aber inzwischen auch in der klinischen Praxis gezeigt werden. So verbesserte die Therapie in allen Altersgruppen zumindest die Muskelfunktion und stoppte die Progression der SMA. Besonders schwer betroffene Kinder mit infantiler SMA erreichen unter der Therapie erstmals die definierten motorischen Meilensteine.