Dr. phil. Sabine Schlitt, Frankfurt/Main, gab im Rahmen des Symposiums „Kindliche Entwicklung“ Tipps zur Erkennung autistischer Störungen im Kleinkindalter. Sie nannte eine „Trias von Frühsymptomen“:

  • auffallendes Verhalten in der sozialen Interaktion,

  • Auffälligkeiten in der Kommunikation sowie

  • Stereotypien beziehungsweise eingeschränkte Interessen.

„Dieses Verhalten muss situationsübergreifend und über einen längeren Zeitraum auftreten und es beginnt normalerweise schon sehr früh“, präzisierte Schlitt die Definition.

Im 1. Lebensjahr sind die Zeichen noch unspezifisch, etwa verringerter Blickkontakt oder fehlendes Lächeln seitens des Säuglings. Im 9.–12. Lebensmonat sieht man eine verringerte Neigung des Kindes zum Deuten auf Dinge und Ereignisse, um andere darauf aufmerksam zu machen. Ebenso zeigt das Kind selbst wenig Interesse für Dinge, auf die die Eltern beziehungsweise Bezugspersonen deuten, und in der Folgezeit bringt es nur selten von sich aus Gegenstände herbei. „Ein solches vermindertes oder fehlendes ‚joint attention‘-Verhalten ist ein erster wichtiger Hinweis auf eine mögliche Autismus-Spektrum-Störung“, konstatierte Schlitt.

Im 3. Lebensjahr entwickelt sich für gewöhnlich Empathie; sie zeigt sich etwa im spontanen Trösten und Streicheln eines traurigen Spielgefährten oder im Aufheben und Zureichen der Trinkflasche an ein Geschwisterkind. Fehlen solche Verhaltensweisen, kann das ebenfalls ein Zeichen für eine Störung aus dem Autismus-Spektrum sein.

Eine verzögerte Sprachentwicklung oder sprachliche Regression sowie die fehlende oder verringerte Reaktion auf das Gerufenwerden mit dem eigenen Namen sind ebenfalls Autismus-verdächtig. Eine geistige Behinderung muss jedoch nicht vorhanden sein. So sind gerade beim Asperger-Syndrom das Denken nicht beeinträchtigt und die Sprache normal entwickelt, wenn auch eher formal.

Schlitt wies darauf hin, dass das Spielverhalten autistischer Kinder in der Regel weniger fantasievoll ist: „Das ‚So-Tun-Als-Ob‘ ist bei ihnen weniger ausgeprägt, sie schreiben den vorhandenen Gegenständen keine andere Bedeutung zu und schlüpfen nicht ohne weiteres in andere Rollen“, erklärte sie.

Bei alldem ist jedoch immer eine gewisse Toleranz zu berücksichtigen: Die Entwicklungsgeschwindigkeit gesunder Kinder kann durchaus variieren, betonte Schlitt. Holt das Kind nicht auf, sollten zunächst eine pädaudiologische Abklärung, ein Sehtest sowie gegebenenfalls ein Elektroenzephalogramm (EEG) vorgenommen werden, um Differenzialdiagnosen abzuklären. Bei Verdacht auf somatische Störungen können auch Laboruntersuchungen angezeigt sein. Die weitere Diagnostik erfolgt am besten in Zusammenarbeit mit einem Sozialpädiatrischen Zentrum oder einer kooperierenden Kinder- und Jugendpsychiatrie.

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