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Weltweit nehmen die Resistenzen gegen Antibiotika zu. Prof. Dr. Dr. André Gessner, Regensburg, wirbt für „Antibiotic Stewardship“-Programme zum rationalen Einsatz der Medikamente in Klinik und Praxis.
? Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland verordnen noch immer zu viele Breitband- und auch Reserve-Antibiotika. Was kann man da tun?
Prof. Dr. André Gessner: Zum Schutz dieser wertvollen Güter sind Änderungen im Verordnungsverhalten erforderlich. Daher sollten für die niedergelassenen Kollegen viel häufiger strukturierte Fortbildungen zum rationalen Antibiotikaeinsatz angeboten werden. Nachgedacht werden muss auch darüber, ob es möglich wäre, bestimmte Antibiotika unter Verschreibungsauflagen zu stellen.
Die Veränderung von Erstattungsregelungen dürfte ebenfalls dazu beitragen, den Einsatz zu reduzieren. Eine weitere Strategie könnte darin bestehen, dass diagnostische Labors nur noch bestimmte Wirkstoffe empfehlen. Sie ermitteln zwar nach wie vor sämtliche Antibiotika, auf die die Keime sensibel reagieren, nennen dem einsendenden Arzt aber nur die klinisch tatsächlich empfehlenswerten Arzneistoffe — Stichwort „selektives Antibiogramm“.
? Im klinischen Bereich laufen bereits „Antibiotic Stewardship“-Programme. Funktioniert das?
Gessner: Unter ABS werden Strategien verstanden, die die Qualität der Antiinfektiva-Behandlung im Hinblick auf die Auswahl, Dosierung und Anwendungsdauer der Präparate sichern sollen. ABS-Programme tragen dazu bei, Infektionskrankheiten bewusster zu diagnostizieren. Das ist deshalb sinnvoll, weil man nur das richtig therapieren kann, was man zuvor auch korrekt diagnostiziert hat. Insgesamt können ABS-Maßnahmen die Resistenz-, Kosten- und Verbrauchsentwicklung von Antibiotika günstig beeinflussen.
? Wäre das ein Modell auch für den niedergelassenen Bereich?
Gessner: In Kliniken werden ABS-Programme in interdisziplinären Teams und mit relativ komplexen Strategien umgesetzt. Dies lässt sich sicher nicht eins zu eins übertragen. Für den ambulanten Bereich brauchen wir ein angepasstes ABS-Programm, das zurzeit entwickelt wird und dann geschult werden muss.
Wünschenswert sind praxisrelevante, zertifizierte sowie zeitlich, organisatorisch und finanziell für niedergelassene Kollegen leistbare Kurse mit Präsenz- und Online-Anteilen. Inhalte sollten Grundlagen der Infektiologie und Mikrobiologie, Werkzeuge zur Vermeidung unnötiger Antibiosen und Informationen zu spezifischen Indikationen sein, aber auch praxisrelevantes Wissen zu lokalen Resistenzraten und Leitlinien.
? Wäre hier eine verpflichtende Weiterbildung für Niedergelassene sinnvoll, um zu einer strengeren Indikationsstellung und besseren Antibiotika-Auswahl zu kommen?
Gessner: Pflichtprogramme sehe ich eher kritisch. Es ist immer besser, wenn der Arzt eine Fortbildung aus eigener Überzeugung macht. Wenn ein Kollege sieht, dass sich für seine Patienten und damit auch für ihn Vorteile ergeben, motiviert dies viel stärker als es Pflichtveranstaltungen jemals könnten.
? Was könnte die Politik beim Thema Antibiotika noch tun?
Gessner: Benötigt werden finanzielle und organisatorische Unterstützung, um zertifizierte Fortbildungsprogramme zu etablieren und das Thema rationale Antibiotikatherapie verstärkt in den Curricula zu verankern. Nachgedacht werden muss auch über erweiterte Erstattungsregelungen für die Diagnostik und über finanzielle Förderung der Niedergelassenen bei der ABS-Fortbildung. Ergänzend müssten die Pharmaunternehmen Anreize erhalten, neue Antibiotika zu entwickeln.
! Herr Professor Gessner, vielen Dank für das Gespräch.
Literatur
Das Interview führte Dr. Silke Wedekind.
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Springer Medizin. So setzen Sie Antibiotika rational ein. Pädiatrie 30, 55 (2018). https://doi.org/10.1007/s15014-018-1471-x
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