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Prof. Dr. med. Thomas Lehrnbecher, Frankfurt am Main

Die Heilungschancen von Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankungen sind über die letzten Jahrzehnte erfreulicherweise extrem gestiegen. So überleben mit den derzeitigen Therapiekonzepten etwa 70 % aller Kinder und Jugendlicher ihre Krebserkrankung. Insgesamt leben heute in Europa schätzungsweise zwischen 300.000 und 500.000 Patienten, die im Kindesalter an einer Krebserkrankung litten. Allerdings besteht bei diesen Patienten ein relevantes Risiko für Langzeitprobleme, da etwa 60 % nach Beendigung der Krebstherapie gesundheitliche Probleme entwickeln, die auch erst Jahre nach Therapieende auftreten können.

Viele der ehemaligen Krebspatienten sind sich dieser Problematik nicht bewusst und leider bestehen auch bei vielen der betreuenden Ärzte Unwissenheit und Unsicherheit hinsichtlich der Therapie- und Krankheits-assoziierten Komplikationen. Dies führt zu falschen oder auch protrahierten Diagnosen und Behandlungen, was sich letztlich negativ auf die Langzeitprognose der Patienten auswirkt.

Aus diesem Grunde wurde durch pädiatrische Onkologen in einem EU-unterstützten Projekt der „Survivorship Passport“ (SurPass) entwickelt — in enger Zusammenarbeit mit Eltern und Patienten. Der SurPass wird jedem ehemaligen Patienten ausgehändigt, ist Web-basiert und in alle europäischen Sprachen übersetzt. Auf dem SurPass ist die Krankheitsgeschichte des Patienten kurz zusammengefasst sowie detaillierte Informationen über Grunderkrankung und Behandlung mit Chemotherapie, OP und Radiotherapie. Basierend darauf wird entsprechend internationalen Empfehlungen ein individuelles Nachsorgeprogramm empfohlen (z. B. kardiologische Untersuchungen nach Anthrazyklingabe oder Hormonuntersuchungen nach Schädelbestrahlung). Der SurPass wurde bereits in Italien getestet und erhielt dort positive Kritiken. Derzeit wird er auf nationalen Ebenen geprüft.

Kommentar

Der SurPass ist sicherlich ein hervorragendes Werkzeug, um die Langzeitnachsorge der ehemaligen Krebspatienten zu harmonisieren und zu verbessern. Allerdings muss der SurPass international flächendeckend verbreitet werden, was neben datenschutzrechtlichen auch finanzielle Probleme mit sich bringt. Zudem muss der SurPass kontinuierlich auf den neuesten wissenschaftlichen Stand gebracht werden, was insbesondere für die Langzeitnachsorge von Patienten problematisch ist, die mit völlig neuen Therapiestrategien behandelt wurden. Hier sind vor allem zelluläre Therapiestrategien (z. B. CAR-T-Zellen) oder der Einsatz von spezifischen Inhibitoren oder Antikörpern zu nennen, für die bisher kein einheitliches Nachsorgekonzept besteht.