Ferdinand Hodlers Leben und Werk wurden geprägt durch Krankheit und Tod in der Familie. In einfachen Verhältnissen in Bern aufgewachsen, starben sowohl der Vater als auch die Mutter früh an Tuberkulose. Und auch seine sieben Geschwister wurden innerhalb von 18 Jahren nacheinander Opfer der Erkrankung. So musste er als Ältester in der Werkstatt seines alkoholkranken Stiefvaters für die Ernährung der Familie sorgen. Später wurde er Lehrling eines Ansichtsmalers und mit 18 Jahren eines Vedutenmalers in Thun. In Genf malte er Firmenschilder, bevor ihn im Museum, wo er alte Meister kopierte, ein renommierter Maler entdeckte und zu fördern begann. Zunächst malte er bevorzugt für Touristen Ansichten der Schweiz. 1878 reiste er nach Spanien und studierte die alten Meister im Prado in Madrid, vor allem die Werke von Diego Velázquez (1599–1660).

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Ferdinand Hodler „Anbetung. Studie zum Auserwählten“ (1893)

Erfinder des Parallelismus

Hodler bevorzugte einen eigenen kräftigen, realistischen Stil mit scharfer Linie der Konturen und dadurch präzisem Umriss. Dabei entwickelte er einen eigenen Malstil, den Parallelismus, den er auch in seinen Schriften erklärte: Er unterschied einerseits den „Parallelismus der Form“ („parallélisme décorative“), bei dem zum Beispiel im Gemälde „Der Buchenwald“ (1885) Bäume nebeneinander vertikal oder Personen wie im Gemälde „Die Lebensmüden“ (1892) horizontal nebeneinander abgebildet werden. Andererseits den „Paralellismus der Empfindung“ („parallélisme de la vie“). Beide ständen seiner Meinung nach in Wechselwirkung. Dabei bevorzugte Hodler gern die fünffigurige Darstellung.

Nach 1890 wendete er sich vom Naturalismus ab und schuf im Gegensatz zum Impressionismus großflächige Kompositionen mit symbolischem Inhalt. Themen waren überwiegend die monumentale Vergegenwärtigung der Schweizer Geschichte mit Landsknechten, Kriegern und Bauern. Aber auch über 30 ausdrucksvolle Selbstporträts waren ein Mittel der künstlerischen wie persönlichen Standortbestimmung.

Durchbruch mit „Die Nacht“

Mit dem in Genf ausgestellten Gemälde „Die Nacht“ (1889 im Kunstmuseum Bern), das die Motive Schlaf, Tod und Sexualität thematisiert, gelang Hodler der Durchbruch als Maler. Darauf hat er auch die beiden Frauen dargestellt, die ihn lange begleitet haben: Einmal sein Modell Augustine Dupin, die er 1884 kennenlernte und die ihm einen Sohn gebar. Zum anderen Bertha Stucki, welche er 1889 heiratete, sich aber zwei Jahre später von ihr trennte. 1897 nahm er Berthe Jaques zur Frau. Beide Ehen blieben kinderlos.

Das Kinderbildnis „Anbetung. Studie zum Auserwählten“ (Abb.), datiert auf 1893, gibt es ebenso in zwei Fassungen wie auch unser Titelbild „Bildnis der Baronin Maria von Bach“, dessen zweite Version „Bildnis Käthe von Bach (im Garten)“ heißt.

Bekannt wurde Ferdinand Hodler auch mit seinen zahlreichen eindrucksvollen Gemälden, mit denen er minuziös den langsamen Krebstod seiner geliebten Lebensgefährtin Jacqueline Godé-Darel festhielt. Er hatte sie 1908 kennengelernt und mit ihr eine gemeinsame Tochter.

Mit seinen expressionistischen Alpenbildern wurde Hodler zu einem der bedeutendsten Landschaftsmaler der Schweiz. So schuf er zahlreiche überwältigende Ansichten mit intensiver Farbgebung des Thuner- und Genfer Sees. Mit seinen Motiven wurden sogar Banknoten bedruckt und er erhielt die Ehrendoktorwürde der Universität Basel sowie die Professur an der Ecole des Beaux-Arts in Genf. In seinem Todesjahr 1918 erhielt Hodler die Ehrenbürgerschaft der Stadt Genf.