Der Trend ist bereits zu beobachten: MVZ, teils von Klinikkonzernen gesteuert, übernehmen die Versorgung in ländlichen Gebieten. Nach Ansicht ärztlicher „Young Professionals“ wird dieses Szenario bis zum Jahr 2030 dominieren, so ein Ergebnis der Studie „Zukunftsbild Heilberufler 2030“. Für diese Erhebung wurden im Auftrag der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) Anfang 2017 jeweils rund 100 kurativ tätige Haus- und Fachärzte im Alter zwischen 25 und 40 Jahren sowie Zahnärzte und Apotheker befragt.

MVZ-Ketten werden übernehmen

Zwei Drittel der Befragten prognostizieren, dass Kliniken „in ländlichen Regionen nahezu vollständig die ambulante medizinische Versorgung übernehmen werden“. 82 % gehen davon aus, dass private Investoren Praxen aufkaufen und bundesweite Kettenkonzepte anbieten werden. Die Antwort der selbstständigen Freiberufler auf die kapitalkräftige Konkurrenz könnte die Spezialisierung sein: 90 % der Befragten sehen eine Spezialisierung als „bedeutenden Erfolgsfaktor“.

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Zustimmungsquoten zur Frage „Welche der folgenden Thesen zur Entwicklung der Heilberufe im Jahr 2030 halten Sie für sehr/eher wahrscheinlich?“

© Ärzte Zeitung

Die künftige Rolle der Kliniken wird von den jungen Heilberuflern ambivalent gesehen: Mehr als zwei Drittel erwarten, dass Kliniken als Arbeitgeber an Attraktivität verlieren werden, etwa weil die Arbeitszeiten nicht an ihre Bedürfnisse angepasst werden. Ebenfalls gut zwei Drittel der Ärzte erwarten, dass die „Sektoren ambulant und stationär miteinander verschmelzen“ werden. Das könnte bedeuten, dass Kliniken, vor allem auf dem Land, stärker als heute sektorenübergreifend tätig werden.

Schrittmacher dabei wird auf jeden Fall die Digitalisierung sein, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Als selbstverständlich werden dabei von der großen Mehrheit der Ärzte, Zahnärzte und Apotheker Standards wie digitale Abrechnung zwischen Apotheken und Krankenkassen (96 %), elektronisches Rezept (94 %), IT-gestützte Diagnostik (93 %), digitales Management der Medikamenteneinnahme (90 %) und elektronische Gesundheitsakte (89 %) angesehen.

Patient wird zum Kunden

Beim Verhältnis zwischen Arzt und Patient glauben 91 % der Befragten, dass Patienten 2030 höhere Erwartungen an die Leistungen der Heilberufler haben werden. Fast ebenso viele sehen ihre Rolle als Experte infrage gestellt: Patienten werden vermehrt Zweitmeinungen einholen und sie werden besser informiert sein als heute, daran glauben 85 % der Fach- und 77 % der Allgemeinärzte.

Was das Thema IGeL betrifft, so rechnen fast 60 % der Heilberufler damit, dass Patienten in Zukunft häufiger bereit sein werden, diese aus eigener Tasche zu zahlen. Direkt nach „Selbstzahlerleistungen als essenzieller Bestandteil der Gesamteinnahmen“ gefragt, hielten sogar 87 % dieses Szenario für sehr oder eher wahrscheinlich. Die Arzt-Patienten-Beziehung entwickelt sich also zu einer Patienten-Arzt-Beziehung, Ärzte sehen sich künftig mehr als Dienstleister, erwarten aber nach wie vor hohes Vertrauen von der Bevölkerung.

So sehr die jungen Heilberufler auch mit Veränderungen rechnen, an einen grundlegenden Umbau des Versicherungssystems glauben sie nicht. Laut der Studie halten es 71 % der jungen Ärzte, Zahnärzte und Apotheker für sehr oder eher wahrscheinlich, dass das duale System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung bestehen bleibt. Nur 43 % halten die Einführung einer Bürgerversicherung für wahrscheinlich. Noch weniger (25 %) glauben an eine Kopfpauschale, bei der jeder Bürger denselben Beitrag einzahlt.