Ein häufiger Grund, warum Eltern die Impfung ihres Kindes ablehnen, ist die Angst vor der Begünstigung einer Autismus-Spektrum-Störung als spätere Impffolge. In einem Letter to the Editor werden im aktuellen New England Journal of Medicine hierzu interessante Aspekte mitgeteilt.
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Dr. med. Thomas Hoppen, Koblenz
Eine kalifornische Arbeitsgruppe hat seit 2009 die Entwicklung von 71 Kindern, die ein älteres Geschwisterkind mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) haben, begleitet und untersucht. Bekanntlich besteht ein etwa 20-fach erhöhtes Risiko für diese jüngeren Kinder auch an einer ASS zu erkranken [Ozonoff S et al. Pediatrics 2011;128: e488-95]. Als Vergleich diente eine Gruppe von 135 Kindern mit einem gesunden älteren Geschwister, also mit einem niedrigen Risiko für eine ASS.
Die Impfraten der älteren Kinder waren in beiden Gruppen nahezu gleich. Dagegen wurden die jüngeren Geschwisterkinder in der ASS-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant seltener geimpft (p < 0,001). Eltern von Kindern mit ASS beschrieben retrospektiv eine signifikant höhere Rate unerwünschter Reaktionen nach der Impfung des älteren Kindes im Vergleich zu den Eltern in der Kontrollgruppe (p < 0,001). In der ersten Gruppe ergab die Befragung der Eltern außerdem eine signifikant höhere Rate an Fieber, Durchfall, ungewöhnlichem Schreien und Unwohlsein bei den jüngeren Kindern nach deren erfolgter Impfung.
Kommentar
Wir müssen die Impfängste von Eltern ernst nehmen. Respekt vor der Selbstbestimmung ist der erste Schritt zum Verständnis des Gegenübers — dies gilt insbesondere für die manchmal doch etwas besonderen kognitiven Konzepte anderer Menschen. Bei aller Zeitknappheit im Arbeitsalltag lassen sich oft nur auf diese geduldige Weise Überzeugungen verändern. Zahlreiche Eltern vermuten weiterhin einen Zusammenhang zwischen Impfungen und der späteren Entwicklung einer ASS, obgleich das Gegenteil mit Evidenz belegt ist [Tayler LE et al. Vaccine 2014;32:3623-9]. Trotzdem wirft diese Mitteilung aus San Diego einen Lichtstrahl auf mögliche Unsicherheiten und Lücken in unserem Wissen. Ob diese Beobachtung nun eine wahre Zunahme unerwünschter Reaktionen oder nur ein Rückruf-Bias ist, bleibt deshalb notwendigerweise größeren prospektiven Studien vorbehalten, die geimpfte Kinder über lange Zeiträume verfolgen, die später eine ASS entwickeln.
Literatur
Glickmann G et al. Vaccination rates among younger siblings of children with autism. N Engl J Med 2017;377:1099-101
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Hoppen, T. Impfung und Autismus. Pädiatrie 29, 14 (2017). https://doi.org/10.1007/s15014-017-1150-3
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