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Der Galenus-von-Pergamon-Preis wird von Springer Medizin gestiftet.

Die Firma CSL Behring schickt in diesem Jahr gleich zwei Produkte in das Rennen um den Galenus-von-Pergamon-Preis: Lonoctocog alfa (Afstyla®) verbessert die Blutungsprophylaxe und Therapie bei Hämophilie A, Albutrepenonacog alfa (Idelvion®) ermöglicht eine deutlich reduzierte Injektionsfrequenz bei Hämophilie B.

Homogenes Faktor-VIII-Konzentrat

Seit Februar 2017 steht mit Lonoctocog alfa ein neues Faktor-VIII-Konzentrat zur Verfügung, das sich durch eine im Vergleich verlängerte Eliminationshalbwertszeit und damit länger anhaltende Wirkung auszeichnet. Erreicht wurde dies, indem die normalerweise zweikettige Struktur des Faktor VIII hin zu einem einkettigen Protein verändert worden ist. Denn der Wildtyp-Faktor-VIII besteht aus einer schweren und einer leichten Kette, die nur durch eine relativ labile Metallionenbindung zusammengehalten werden. Daher sind in konventionellen Faktor-VIII-Präparaten außer dem zweikettigen Protein auch funktionell aktive wie inaktive Einzelketten und Bruchstücke enthalten.

Bei Afstyla® sind die beiden Proteinketten zusätzlich durch eine kovalente Bindung stabilisiert worden. Als Arzneimittel resultiert daraus ein homogenes Faktor-VIII-Konzentrat, dass kaum Einzelkettenbruchstücke enthält. Außerdem ist eine vergleichsweise stärkere Bindungsaffinität zum Trägerprotein von-Willebrand-Faktor (vWF) erreicht worden — im Blut ist Faktor VIII an vWF gebunden, was den vorzeitigen enzymatischen Abbau von Faktor VIII unterbindet. Die modifizierte Molekülstruktur von Lonoctocog alfa resultiert in einer im Vergleich zu dem konventionellen Präparat Octocog alfa (Advate®) signifikant verlängerten Eliminationshalbwertszeit von 11,6 auf 14 Stunden, und dementsprechend ist die Clearance deutlich reduziert. Die in Analysen zur Pharmakokinetik der neuen Substanz gemessene „Area under the Curve“ (AUC) war ebenfalls deutlich größer.

Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Lonoctocog alfa ist im Studienprogramm AFFINITY bei insgesamt 258 vorbehandelten Erwachsenen und Kindern mit Hämophilie A geprüft worden.

Wirksames Faktor-IX-Albumin-Fusionsprotein

Etwa 700 Menschen sind in Deutschland von der seltenen Hämophilie B betroffen. Insbesondere moderate und schwere Formen der Erkrankung können mit Spontanblutungen in Gelenke, Muskeln und Weichgewebe einhergehen. Intrakranielle oder gastrointestinale Blutungsereignisse sind unter Umständen lebensbedrohlich. Um Blutungen vorzubeugen, sind derzeit in drei- bis viertägigen Abständen intravenöse Injektionen eines Faktor-IX-Präparates erforderlich.

Grund dafür ist die kurze Eliminationshalbwertszeit dieser Präparate. Selbst bei adhärenten Hämophilie-B-Patienten liegen die Faktor-IX-Spiegel zum Ende des Dosierungsintervalls oft unter einem Prozent. Damit besteht ein Blutungsrisiko. Nach Auffassung von Hämostaseologen sind für ein fast blutungsfreies Leben eher Faktor-IX-Talspiegel von 15–20 % erforderlich.

Bei der Entwicklung von Idelvion® ist es gelungen, ein rekombinantes Faktor-IX-Albumin-Fusionsprotein (rIX-FP) mit einer Halbwertszeit von etwa 100 Stunden zu produzieren. Wird bei rIX-FP Faktor IX aktiviert, spaltet sich gleichzeitig Albumin ab und wird zellulär abgebaut. Der aktivierte Faktor IX entfaltet seine Wirkung entsprechend dem Wildtyp-Faktor IX. Weitere Vorteile der Substanz sind das geringe Injektionsvolumen von 2,5–5 ml sowie ihre Haltbarkeit bei Raumtemperatur.

Wirksamkeit und Sicherheit von rIX-FP, das seit Juni 2016 in Deutschland auf dem Markt ist, wurden in klinischen Studien des PROLONG-9FP-Studienprogramms mit insgesamt 107 Patienten belegt. Albutrepenonacog alfa könne nach Ansicht der Studienautoren einen Paradigmenwechsel in der Routineprophylaxe von Blutungen bei Hämophilie-B-Patienten einleiten. Die reduzierte Zahl von Injektionen sowie ein insgesamt verringerter Faktorenverbrauch reduziere letztlich die krankheitsbedingten Belastungen für Patienten und Angehörige sowie den Betreuungsaufwand für medizinisches Personal. Die Erfahrungen nach der Markteinführung im Juni 2016 deuten darauf hin, dass die Prophylaxe an festen Wochentagen alle sieben bis vierzehn Tage bei Faktor-IX-Talspiegeln von durchschnittlich 12 % die Therapie vereinfacht und sicher vor Blutungen schützt.