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Dr. med. Thomas Hoppen, Koblenz

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Die höchsten Berge, aber mit die niedrigste Intensivversorgung von Kindern in der Welt: Nepal.

© LSP1982 / Getty Images / iStock

Ende 2016 präsentierte die Zeitschrift Pediatric Critical Care Medicine einen vom Tribhuvan Universitätskrankenhaus in Kathmandu durchgeführten Survey. In dem sehr ernüchternden landesweiten Bericht geht es um die kinderintensivmedizinische Versorgung in Nepal. 16 von allen 18 nepalesischen Krankenhäusern mit speziellem Angebot für Kinderintensivmedizin beteiligten sich an der strukturierten Befragung.

12 dieser 16 pädiatrischen Intensivpflegeeinheiten (PICU) wurden überhaupt erst innerhalb der vergangenen 5 Jahre etabliert. Die Mehrheit waren private Einrichtungen, 10 von allen Stationen befanden sich in oder um die Zentralregion Nepals nahe Kathmandu. Insgesamt wurden für das Land 93 spezialisierte monitorisierte Behandlungsplätze vorgehalten (im Median 5 pro Einheit). Nur 32 % verfügten über einen funktionierenden Respirator (38 % über 2, der Rest über 3–6). Die Sterblichkeit beatmeter Patienten betrug 25 %. Selten existierten bettseitiger Ultraschall oder arterielle Druckmessung. Eine Option zur Hochfrequenzbeatmung bestand in keinem Haus. In 38 % der Einrichtungen bestand ein Pflegekraft/Patient-Verhältnis von 1 : 2 — sonst 1 : 3–1 : 6. Kurse in Anlehnung an ERC-Curricula wurden in zwei der Häuser angeboten.

Besonders überraschend: Nur eine Institution verfügte über einen Spezialisten für Kinderintensivmedizin. Die Mehrheit der Patienten kam aus Familien mit einem Einkommen von knapp über einem US-Dollar pro Tag — allerdings mussten in allen Häusern die Kosten von rund 25 Dollar pro Tag und Patient selbst finanziert werden.

Kommentar

Die erste deutsche PICU wurde 1965 in Mainz, die erste US-amerikanische 2 Jahre später in Philadelphia etabliert. In Nepal hingegen, einem der ärmsten Länder der Welt, steckt die Kinderintensivmedizin 2017 noch in ihren Kinderschuhen. Das katastrophale Erdbeben im April 2015 und die andauernde politische Instabilität haben zusätzlich negativen Einfluss. Die Säuglingssterblichkeit liegt aktuell bei 65,3 auf 1.000 Neugeborene. Die UNICEF schätzte 2015 die Zahl der Kinder unter 14 Jahren auf gut 11,6 Millionen. Aktuell kommt auf 125.000 nepalesische Kinder ein Bett in einer Neugeborenenintensivstation (USA 1 : 10.000; UK 1 : 1.000). Im Vergleich zu nur einem in Kinderintensivmedizin trainierten Spezialisten in Nepal waren es 2010 in Pakistan immerhin bereits 3.

Der Kanadier Dr. Niranjan Kissoon schreibt in einem Editorial in der gleichen Ausgabe, dass wir das Netz globaler Gesundheitshilfe und spezifischer medizinischer Ausbildungsprogramme weiter verbessern müssten. Dem kann uneingeschränkt zugestimmt werden. Hierzu gehören neben allen Anstrengungen auf dem Feld der Prävention/Impfprogramme und Basismedizin wie orale Rehydratation auch die Kinderintensivmedizin. Nepal ist ein landschaftlich wundervolles Land mit den höchsten Bergen der Erde. Es übt weltweit eine hohe Anziehungskraft auf Touristen aus. Darüber darf jedoch nicht in Vergessenheit geraten, dass Tausende Kinder jährlich in diesem Land mangels Ressourcen an kritischen Erkrankungen sterben.